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Besteuerung von Patenten und vergleichbaren Rechten ("Patentbox")

1 Grundsatz

Erträge aus Patenten und vergleichbaren Rechten fliessen in die Erfolgsrechnung und bilden damit Teil des steuerbaren Reingewinnes.

Per 1. Januar 2020 wurde im Rahmen der Steuergesetzrevision 2021 und gestützt auf das Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF) zudem die Möglichkeit der sogenannten «Patentbox» geschaffen. Demnach können selbstständig Erwerbstätige, (Einzelunternehmen, Personengesellschaften) und juristische Personen ihre Patente und vergleichbaren Rechte in eine Patentbox einbringen. Dadurch werden die mit diesen Rechten erzielten Gewinne mit einer Ermässigung von 90 Prozent in die Berechnung des steuerbaren Reingewinns auf Stufe Kantons- und Gemeindesteuer einbezogen (Art. 21c StG bzw. Art. 85b StG).

Damit von der reduzierten Patentboxgewinnbesteuerung Gebrauch gemacht werden kann, muss im Rahmen des Eintritts in die Patentbox über die Forschungs- und Entwicklungsaufwände sowie Überabzüge für Forschung und Entwicklung der zehn vorangegangenen Steuerperioden steuerlich abgerechnet werden.

Die Grundsätze der Patentbox-Besteuerung sind in den Artikeln 24a und 24b StHG für die Kantone verbindlich harmonisiert. Gestützt auf diese Bestimmungen hat der Bund die Verordnung über die ermässigte Besteuerung von Gewinnen aus Patenten und vergleichbaren Rechten (Patentbox-Verordnung; SR 642.142.1) erlassen.

2 Patentbox

2.1  Beginn und Ende der privilegierten Besteuerung

Die Patentboxbesteuerung kann frühestens im Zeitpunkt der Erteilung des qualifizierenden Immaterialgüterrechts beantragt werden. Die Ermässigung endet spätestens in der Steuerperiode, in welcher der Immaterialgüterschutz erlischt (Art. 1 Patentbox-Verordnung).

2.2  Qualifizierende Rechte

Damit die Patentbox-Besteuerung Anwendung finden kann, muss ein Patent oder ein vergleichbares Recht vorliegen (sog. qualifizierendes Recht, Art. 85a StG).

Als Patente gelten

a) Patente nach dem Europäischen Patentübereinkommen,

b) Patente nach dem Patentgesetz,

c) ausländische Patente, die den Patenten nach den Buchstaben a oder b entsprechen.

Als vergleichbare Rechte gelten

d) ergänzende Schutzzertifikate nach dem Patentgesetz,

e) Topographien, die nach dem Topographiengesetz geschützt sind,

f) Pflanzensorten, die nach dem Sortenschutzgesetz geschützt sind,

g) Unterlagen, die nach dem Heilmittelgesetz geschützt sind,

h) Berichte, für die gestützt auf die Ausführungsbestimmungen zum Landwirtschaftsgesetz ein Berichtschutz besteht,

i) ausländische Rechte, die den Rechten nach den Buchstaben a bis e entsprechen.

Für Software alleine kann nur dann Patentschutz beantragt werden, wenn die Software Teil einer Erfindung ist (sog. „computerimplementierte Erfindung“). Da Software in verschiedenen Ländern im Unterschied zur Schweiz patentierbar ist, kann für derartige ausländische Patente ebenfalls die Patentbox beantragt werden.

2.3  Wahl der Anzahl und Art der Boxen

Zunächst hat die steuerpflichtige Person die Anzahl der Boxen zu bestimmen. Anschliessend hat sie für jede Box eine der nachfolgenden Besteuerungsarten zu bestimmen:

  • Besteuerung des qualifizierenden Rechts selbst

  • Besteuerung eines Produkts, welches mind. ein qualifizierendes Recht verwendet

  • Besteuerung einer Produktgruppe, welche mind. ein qualifizierendes Recht verwendet (= wenn mehrere Produkte vorliegen, welche ein oder mehrere gleiche Patente beinhalten und ansonsten nur geringe Abweichungen aufweisen)

Die gewählte Besteuerungsart ist für die gesamte Laufzeit des entsprechenden Immaterialguts beizubehalten.

2.4  Steuerfolgen beim Boxeneintritt

Beim Eintritt in die Patentbox wird pro Box der in den letzten zehn vorangegangenen Steuerperioden steuerlich effektiv zum Abzug gebrachte Forschungs- und Entwicklungsaufwand – inklusive eines allfälligen Überabzugs für Forschung und Entwicklung – gesondert besteuert. Die Besteuerung des entsprechenden Betrages erfolgt im Umfang von 70%. Der Steuersatz zur Berechnung der einfachen Steuer beträgt 0,5% (Art. 85b Abs. 3 StG).

Beispiele

Beispiel ordentlich besteuerte Gesellschaft

Die X AG entscheidet sich im Steuerjahr 2020 mit ihrem selbst entwickelten Patent in eine Patentbox einzutreten. In den Steuerjahren 2010-2019 machte sie Forschungs- und Entwicklungsaufwände von insgesamt CHF 100'000 geltend, die steuerlich zum Abzug zugelassen wurden.

Die Bemessungsgrundlage für den Boxeneintritt beträgt 70% des Forschungs- und Entwicklungsaufwands der letzten zehn vorangegangenen Steuerperioden, d.h. CHF 70'000. Die einfache Steuer für den Boxeneintritt beläuft sich somit auf CHF 70’000 x 0.5 %.

Beispiel ehemalige gemischte Gesellschaft

Die X AG wurde in der Vergangenheit als gemischte Gesellschaft besteuert. Die Besteuerungsquote betrug stets 20%. In den Steuerjahren 2010-2019 machte sie Forschungs- und Entwicklungsaufwände von insgesamt CHF 100'000 geltend, die im Umfang von CHF 20'000 steuerlich zum Abzug zugelassen wurden.

Die Bemessungsgrundlage für den Boxeneintritt beträgt 70% des Forschungs- und Entwicklungsaufwands der letzten zehn vorangegangenen Steuerperioden im Umfang der früheren Besteuerungsquote, d.h. CHF 14'000 (= CHF 100'000 x 70% x 20%). Die einfache Steuer für den Boxeneintritt beläuft sich somit auf CHF 14’000 x 0.5 %.

2.5  Berechnung der Patentboxermässigung

a) Berechnung des Boxengewinns (Art. 3 Patentbox-Verordnung)

Der Boxengewinn wird für jede Box separat ermittelt. Massgebend ist in erster Linie der Reingewinn aus den einzelnen Patenten oder vergleichbaren Rechten. Bei Boxen mit einem Produkt oder einer Produktgruppe wird zusätzlich der Gewinn um 6% der diesem Produkt oder dieser Produktgruppe zugewiesenen Kosten vermindert (sog. Residualmethode, Art. 85b Abs. 2 StG). Als Kosten gelten die Vollkosten des Produkts oder der Produktgruppe, bestehend aus den Material-, Produktions- und Verwaltungskosten. Weiter muss ein allfälliges Markenentgelt abgezogen werden, sofern ein solches in einem Produkt oder einer Produktgruppe enthalten ist (Art. 85b Abs. 2 StG).

Lässt sich der Produktgewinn nicht feststellen, weil eine detaillierte Produkterfolgsrechnung fehlt, erfolgt die Berechnung des Boxengewinns, indem vom gesamten steuerbaren Gewinn des Unternehmens all jene Teile des Gewinns aus der Patentbox herausgerechnet werden, die nicht direkt den Patenten zuzuordnen sind (Finanzerfolg, Liegenschaftserfolg, Beteiligungserfolg und der übrige Erfolg, der auf Produkte entfällt, die kein Patent enthalten oder für die trotz enthaltenem Patent keine ermässigte Besteuerung beantragt worden ist). Der verbleibende Gewinn ist anteilsmässig auf die einzelnen Produkte zu verteilen.

b) Berechnung Boxenreduktion mittels Nexusquotient (Art. 2 i.V.m. Art. 5 Patentbox-Verordnung)

Der gemäss Buchstabe a) berechnete Boxengewinn wird anschliessend im Verhältnis des qualifizierenden Forschungs- und Entwicklungsaufwands zum gesamten Forschungs- und Entwicklungsaufwand pro Patent oder vergleichbares Recht (Nexusquotient) mit einer Ermässigung in die Berechnung des steuerbaren Reingewinns einbezogen.

Der Nexusquotient beträgt höchstens 100% und berechnet sich jeweils pro Patent, Produkt oder Produktgruppe und pro Steuerjahr separat nach der folgenden Formel:

(a + b) x 130%
  a+b+c+d

a = sämtlicher dem Patent, dem Produkt oder der Produktgruppe zurechenbarer, bisher angefallener Aufwand für Forschung und Entwicklung, welche die steuerpflichtige Person selbst im Inland durchgeführt hat
b = sämtlicher dem Patent, dem Produkt oder der Produktgruppe zurechenbarer, bei der steuerpflichtigen Person bisher angefallener Aufwand für Forschung und Entwicklung, welche Konzerngesellschaften im Inland oder unabhängige Dritte im Inland oder Ausland durchgeführt haben
c = sämtlicher bisher angefallener Aufwand für den Erwerb von Rechten, die in einem Produkt oder einer Produktgruppe enthalten sind
d = sämtlicher dem Patent, dem Produkt oder der Produktgruppe zurechenbarer, bei der steuerpflichtigen Person bisher angefallener Aufwand für Forschung und Entwicklung, welche Konzerngesellschaften, Geschäftsbetriebe und Betriebsstätte im Ausland durchgeführt haben

Hinweis

* Zins-, Miet- und Liegenschaftsaufwendungen werden weder im Zähler noch im Nenner berücksichtigt.

 In Worten dargestellt sieht die Formel für die Berechnung der Nexusquotienten folgendermassen aus:

 

 

 

Selbst erbrachte Forschung & Entwicklung (F&E) im Inland (a)

 

 

= Qualifizierende F&E Ausgaben x 130% ("uplift")

Inländische und ausländische Auftragsforschung von Dritten (b)

Inländische Auftragsforschung von Konzerngesellschaften (b)

_______________________________________________________________________________________________________

Qualifizierende F&E Ausgaben (ganzer Zähler ohne "uplift")

+ Anschaffungskosten für Rechte, welche in einem Produkt oder einer Produktgruppe enthalten sind (c)
+ Auftragsforschung von ausländischen, abhängigem Unternehmen (d)

Bei der erstmaligen ermässigten Besteuerung wird der Nexusquotient anhand der qualifizierenden Aufwände der laufenden und zehn vorangegangenen Steuerperioden berechnet. Die steuerpflichtige Person kann auch Aufwände weiter zurückliegender Steuerperioden geltend machen. Zur Berechnung des Nexusquotienten in den folgenden Steuerperioden wird zur erstmaligen Berechnung jeweils der laufende Aufwand hinzugerechnet. Der weiter als zwanzig Steuerperioden zurückliegende Aufwand wird nicht mehr berücksichtigt.

Kann bei der erstmaligen ermässigten Besteuerung der in den vorangegangenen Steuerperioden angefallene Forschungs- und Entwicklungsaufwand nicht den einzelnen Patenten, Produkten oder Produktgruppen zugeordnet werden, so wird bei der Berechnung des Nexusquotienten der gesamte Forschungs- und Entwicklungsaufwand der laufenden und der vier vorangegangenen Steuerperioden berücksichtigt. Diese Berechnung ist für drei weitere Steuerperioden beizubehalten.

c) Berechnung des Patentboxabzugs

Der Kanton Bern sieht für die Patentboxbesteuerung eine Ermässigung von 90% vor (Art. 21c StG bzw. Art. 85b StG). Der Patentboxabzug entspricht somit 90% des mit dem Nexusquotienten (Buchstabe b) multiplizierten Boxengewinns (Buchstabe a).

Der Patentboxabzug fliesst in die Entlastungsbegrenzung gemäss Art. 90a Abs. 1 StG. Die steuerlichen Ermässigungen des Patentboxabzugs, des Überabzugs für Forschung und Entwicklung (vgl. TaxInfo-Beitrag Forschungs- und Entwicklungsaufwand (F&E)) sowie der Abschreibungen im Rahmen des altrechtlichen Step-Up (vgl. TaxInfo-Beitrag Aufgabe des privilegierten Steuerstatus (Statuswechsel) dürfen insgesamt nicht höher sein als 70% des steuerbaren Gewinns vor Verlustverrechnung (vgl. TaxInfo Beitrag “Entlastungsbegrenzung STAF-Massnahmen”).

2.6  Antrag auf Boxenbesteuerung und Dokumentation

Der erstmalige Antrag auf eine Boxenbesteuerung ist schriftlich bei der für die Veranlagung der Unternehmung zuständigen Region oder Abteilung einzureichen. Mit dem Antrag auf Boxenbesteuerung ist mindestens einzureichen:

  • Gewählter Boxenansatz mit Begründung (pro Patent, pro Produkt oder pro Produktgruppe)

  • Dokumentation über die Verteilung der Erträge und Aufwände auf die einzelnen Boxen

  • Dokumentation über die Zuteilung der Patente zu einer Box

  • Nachweis über den Immaterialgüterschutz (mindestens ein qualifizierendes Immaterialgut pro Box), inkl. dessen Laufzeit mittels Registerauszug

In der nachfolgenden periodischen Besteuerung muss die steuerpflichtige Person zudem laufend folgende Unterlagen einreichen:

  • Dokumentation über die Verteilung der Erträge und Aufwände auf die einzelnen Boxen

  • Fortlaufender Nachweis über den Immaterialgüterschutz (mindestens ein qualifizierendes Immaterialgut pro Box), inkl. dessen Laufzeit mittels Registerauszug

  • Nachweis Nexusquotient pro Box gemäss Buchstabe b der Ziffer 2.5

Im Einzelfall können weitere notwendige sachdienliche Unterlagen eingefordert werden.

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Fassung vom 19.05.2022

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