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Schenkungssteuer (Art. 8 ESchG)

Erläuterung zu Artikel 8 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes (Art. 8 EschG):

I. Steuerrechtlicher Begriff der Schenkung

Bei der Schenkung handelt es sich um einen zweiseitigen Vertrag, der aus der Schenkungsofferte und der Annahme der Schenkungsofferte (ausdrücklich oder stillschweigend) besteht (übereinstimmende Willensäusserung). Die Annahme der Schenkungsofferte wird vermutet, wenn sie nicht mit Bedingungen bzw. Auflagen verbunden ist. Die Schenkung besteht aus folgenden 4 Elementen (vgl. VOGT in: HONSEL/VOGT/WIEGAND, Kommentar zum schweizerischen Privatrecht, Obligationenrecht I, 2. Aufl., Basel 1996, Art. 239 N 1):

  • Zuwendung: Durch die Zuwendung wird dem Empfänger ein Vermögensvorteil verschafft. Dieser kann in einer Vergrösserung des Vermögens oder in der Abwendung einer drohenden Vermögensverminderung (Verzicht auf ein Recht, Erlass einer Schuld) bestehen. Die Bereicherung muss direkt oder indirekt aus dem Vermögen des Schenkers stammen.
  • Bereicherung: Die Zuwendung muss beim Empfänger zu einer Bereicherung, entweder durch Vermehrung der Aktiven oder durch Verminderung der Passiven, führen. Die Bereicherung besteht im Nettowert der Zuwendung. Der Zuwendungsempfänger kann daher die mitübernommenen Passiven sowie seine Aufwendungen von der Zuwendung in Abzug bringen (z.B. eine mit einer Liegenschaft übernommene Hypothek).
  • Unentgeltlichkeit: Unentgeltlichkeit bedeutet Fehlen einer Gegenleistung. Was aus einer gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtung heraus geleistet wird, gilt nicht als unentgeltlich (vgl. unter Art. 1 ESchG 'Unentgeltlichkeit').
  • Schenkungswille: der Zuwender muss Wissen und Wollen bezüglich der Vermögenszuwendung und der Unentgeltlichkeit haben. Kein Zuwendungswille besteht, wenn die Zuwendung in Erfüllung eines Rechtsanspruchs erfolgt (Unterhaltspflicht, Leistungen aus einem Arbeitsverhältnis, etc.). Der Zuwender muss also "freiwillig" handeln. Im Unterschied zum Zivilrecht beurteilt das Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht auch Zuwendungen in Erfüllung einer sittlichen Pflicht als der Schenkungssteuer unterliegend, da der erforderliche Zuwendungswille des Schenkers zu bejahen ist (vgl. Entscheid der Steuerrekurskommission des Kantons Bern vom 17. Februar 2009 (8892 ES). Nicht als freiwillig im schenkungssteuerlichen Sinn zu betrachten sind Zuwendungen, zu denen der Zuwender zwar nicht verpflichtet ist, die ihren Grund aber in einer Gegenleistung haben, wie z.B. Trinkgelder, mit denen ein guter Service abgegolten wird. Trinkgelder stehen im Zusammenhang mit einer Arbeitstätigkeit und unterliegen daher nicht der Schenkungssteuer, wohl aber der Einkommenssteuer.

II. Erbauskauf

Erfolgt beim Erbauskauf der Verzicht auf eine künftige Erbschaft gegen eine Abfindungssumme (entgeltlicher Erbverzicht), unterliegt diese der Schenkungssteuer, da der Verzicht auf die zukünftige Erbenstellung nicht als Gegenleistung angesehen wird (vgl. BGE 102 Ia 419). Er stellt auch keinen Vorempfang dar, da mit dem Erbvorbezug kein Erbverzicht verbunden ist.

III. Erbvorempfang

In Übereinstimmung mit Lehre und Praxis hat das Verwaltungsgericht im Entscheid vom 27. November 1967 i.S. E.O.G. publ. in NStP 1968 S. 60 ff. insb. E.1 festgehalten, dass als Vorempfang (Abtretung auf Rechnung künftiger Erbschaft oder Erbvorbezug) nur eine der Ausgleichungspflicht unterliegende, unentgeltliche Zuwendung an einen gesetzlichen Erben gelte, die auf Kosten des Vermögens und zu Lebzeiten des Erblassers erfolge. Es handelt sich damit um ein Rechtsgeschäft unter Lebenden, was zur Auslösung einer Schenkungssteuer führt.

Vorempfänge im engeren Sinn werden zu Gunsten von gesetzlichen Erben erbracht. Vorempfänge im weiteren Sinne erfolgen an präsumtive Erben unter Einschluss der eingesetzten Erben. Diese Unterscheidungen spielen heute steuerlich keine Rolle, da eine einheitliche Erfassung mit der Schenkungssteuer stattfindet. Solange der Erbvorbezug erst im Zeitpunkt des Erbganges besteuert wurde (altes bernisches Recht), hatten die eingesetzten Erben das Interesse, Zuwendungen zu Lebzeiten als Erbvorbezug qualifiziert zu sehen (Locher, Das Objekt der bernischen Grundstückgewinnsteuer, Bern 1976, S. 219 ff.).

IV. Errichtung einer Stiftung

Da bei der Zuwendung an eine erst noch zu errichtende Stiftung sämtliche Begriffsmerkmale der Schenkung erfüllt sind (Vermögenszuwendung, Unentgeltlichkeit, Bereicherung, Zuwendungswillen) wird die Stiftung schenkungssteuerpflichtig (gleiche Regelung im Kanton ZH, vgl. RICHNER/FREI, Kommentar zum Zürcher Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz, Zürich 1996, N 152 ff. zu § 4). Verfolgt die Stiftung ausschliesslich gemeinnützige Zwecke, kann sie von einer Steuerbefreiung nach Art. 6 ESchG i.V.m. Art. 83 StG profitieren.

V. Schenkungsweiser Erlass von Verbindlichkeiten

Der Schenkungssteuer unterliegt auch die Zuwendung in Form einer Verminderung der Passiven des Zuwendungsempfängers wie z.B. der Erlass einer Forderung (vgl. VOGT, a.a.O., N 9 zu Art. 239). Nicht als Schenkung gilt der Verzicht auf eine uneinbringliche Forderung (z.B. Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, verjährte Forderung). Ist der Schuldner ein Nachkomme und wird der Schulderlass als ausgleichspflichtig erklärt, gilt der Schulderlass als Vorempfang und verändert damit den Umfang des Nachlassvermögens. Dies kann von Bedeutung sein, wenn neben Nachkommen als gesetzliche Erben für die verfügungsfreie Quote andere (steuerpflichtige) Erben eingesetzt wurden.

VI. Gemischte Schenkung

Bei einer gemischten Schenkung erfolgt zwar eine Gegenleistung des Empfängers, doch steht diese in einem offensichtlichen Missverhältnis zur Leistung des Zuwenders. Der Zuwender muss dem Empfänger einen unentgeltlichen Vermögensvorteil verschaffen, die Gegenleistung bewusst niedriger ansetzen als seine eigene Leistung und er muss einen Schenkungswillen haben (vgl. BGE 118 Ia 497). Der Schenkungswille ist zu vermuten, wenn die Beziehungen zwischen den Beteiligten nah sind (Verwandtschaft oder Freundschaft, hohes Alter, schlechte Gesundheit oder gute Vermögensverhältnisse des Zuwenders sowie bei Bedürftigkeit des Empfängers). Kann der Zuwendungsempfänger diese Vermutung nicht entkräften, wird er auf der Differenz zwischen Leistung und Gegenleistung schenkungssteuerpflichtig.
Ob eine gemischte Schenkung vorliegt, beurteilt sich nach den Verhältnissen von Leistung und Gegenleistung im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses.

VII. Besondere Fälle

1. Aufhebung bzw. Rückforderung einer Schenkung

Die Rückforderung einer Schenkung ist steuerlich nur dann von Belang, wenn sie aufgrund eines ungültigen Schenkungsvertrages erfolgt, was eine Aufhebung des Vertrages ex tunc bewirkt (wesentlicher Irrtum; vgl. Art. 23 ff. OR). Haben es sich die Parteien anders überlegt und wird die Zuwendung wieder an den Schenker zurück übertragen, so bewirkt dies keine Rückerstattung der Schenkungssteuer (MS 1946, S. 201). Der ursprüngliche Vertrag bleibt zivilrechtlich verbindlich und die Rückübertragung wird gestützt auf einen neuen Vertrag zwischen den Parteien vorgenommen. Die Rückübertragung ist als neuer, wiederum steuerpflichtiger Tatbestand zu betrachten (MS 1952, S. 299).

Die Rückforderung der Schenkung basierend auf Art. 249 OR (schwere Straftat gegen den Schenker, schwerwiegende Verletzung familiärer Pflichten, Nichterfüllung von Auflagen) ist steuerrechtlich nicht von Belang. Es erfolgt keine Rückerstattung der Schenkungssteuer.

2. Drittvermögen

Sparheftkonti, die auf den Namen einer Drittperson angelegt wurden, gehören wirtschaftlich solange zum Vermögen des Anlegers, als eine Schenkung nicht nachweisbar vollzogen worden ist und die Begünstigung ohne weiteres widerrufen werden kann (vgl. VOGT, a.a.O., N 20 zu Art. 239).

3. Gelegenheitsgeschenke

Gelegenheitsgeschenke sind nicht schenkungssteuerpflichtig. Ob die Zuwendung, z.B. zum Geburtstag, zur Hochzeit, zu Weihnachten usw., als Gelegenheitsgeschenk angesehen werden kann, muss von Fall zu Fall von der Steuerverwaltung entschieden werden. Daher sind solche Schenkungen der Steuerverwaltung zu melden. Die fünfjährige Zusammenrechnungsfrist gemäss Art. 17 Abs. 2 ESchG gilt auch für Gelegenheitsgeschenke.

4. Gewinnanteilsrecht bei Erbvorbezug einer Liegenschaft

Werden im Zusammenhang mit einer Abtretung einer Liegenschaft auf Rechnung künftiger Erbschaft (Erbvorbezug) Gewinnanteilsrechte vereinbart, werden die Empfänger späterer Zahlungen in aller Regel nicht schenkungssteuerpflichtig. Dabei wird vorausgesetzt, dass der unter dem Verkehrswert liegende Teilungswert mindestens dem amtlichen Wert (resp. bei landwirtschaftlichen Grundstücken dem Ertragswert) entspricht. Sonst müsste der bis zum amtlichen Wert entstandene Anteil des Gewinns als steuerbare Schenkung betrachtet werden.

5. Kunst- und Kulturpreise

Kunst- und Kulturpreise stellen Schenkungen dar, wenn sie nicht mit einer konkreten Leistungserstellung direkt zusammenhängen. Dies trifft insbesondere zu, wenn öffentliche oder private Institutionen gestützt auf Erlasse, Reglemente, Statuten usw. Kultur- und Förderpreise entrichten, die das künstlerische oder wissenschaftliche Schaffen einer Person ganz allgemein würdigen oder fördern (vgl. NStP 2007 S. 92 ff).

Der Einkommenssteuer unterliegen Kunst- und Kulturpreise, wenn sie die Belohnung für Arbeiten auf Ausschreibungen hin sind (z.B. bei Projekt- und Kunstwettbewerben) oder wenn sie sonst in direktem Zusammenhang mit einer konkreten Leistungserstellung stehen. Wenn solche Preise gemäss Erlass, Reglement oder Statuten usw. die Unterstützung der Kunstschaffenden oder Wissenschaftler bezwecken und der Empfänger aufgrund seiner finanziellen Verhältnisse unterstützungsbedürftig ist, handelt es sich nicht um Schenkungen, sondern um einkommenssteuerfreie Unterstützungsleistungen.

6. Rückfallklausel

Wird im Zusammenhang mit einer Schenkung ein Rückfall an den Schenker gemäss Art. 247 OR vereinbart für den Fall, dass der Beschenkte vor dem Schenker sterben sollte, wird der Beschenkte vorerst wie ein Nutzniesser besteuert, d.h. die Steuer wird auf dem Kapitalwert der Nutzniessung erhoben (vgl. Art. 12 ESchG). Stirbt der Beschenkte vor dem Schenker, fällt der Schenkungsgegenstand ohne Erbschafts- und Schenkungssteuerfolgen an den Schenker zurück. Stirbt jedoch der Schenker vor dem Beschenkten, wird die Schenkungssteuer auf der Differenz zwischen dem Wert des geschenkten Betrages und dem Kapitalwert der Nutzniessung erhoben.

7. Aktiengesellschaft

Bei einer angeblichen Schenkung eines Aktionärs an eine AG, die dem Aktionär zu 100 Prozent gehört, handelt es sich um eine Kapitaleinlage und nicht um eine Schenkung (NStP 1955, S. 23 ff.). Profitieren von der Kapitaleinlage jedoch auch andere Aktionäre, sind diese möglicherweise im Umfang der Wertsteigerung ihrer Aktien beschenkt.
Eine AG kann den Aktionären grundsätzlich nichts schenken. Gehen Aktien, die im Besitz der AG sind, gratis oder zu einem Wert unter dem Vermögenssteuerwert an Aktionäre über, kann es sich um geldwerte Leistung der Gesellschaft an die Aktionäre handeln.
Aktienveräusserungen von Aktionären an andere Aktionäre derselben Gesellschaft sind oft an Aktionärsbindungsverträge gekoppelt. Mit einem Aktionärsbindungsvertrag können Kadermitarbeitende einer Firma am Geschäftserfolg beteiligt und an das Unternehmen gebunden werden. Wenn sich ein Aktionär verpflichtet, die erworbenen Aktien später zu gleichen Bedingungen weiter zu veräussern, wie er sie erworben hat, ist davon auszugehen, dass ein Schenkungswille auf Seiten des Veräusserers fehlt.

8. Darlehen

Wird ein verzinsliches Darlehen gewährt, jedoch auf die Zinszahlungen verzichtet, gilt der Zinsverzicht als Schenkung des Darlehensgebers an den Darlehensschuldner. Die Schenkungen sind jährlich abzurechnen, da der Darlehensgeber jederzeit den Verzicht widerrufen kann. Es bleibt jedoch dem Darlehensgeber offen, ein zinsfreies Darlehen zu gewähren, das keine Schenkungssteuer auslöst.

9. Scheidung

Haben sich geschiedene Ehepartner mit Ehescheidungskonvention auseinandergesetzt, bestehen nachträglich keine durchsetzbaren Rechtsansprüche mehr. Spätere freiwillige Leistungen aus moralischen Gründen unterliegen der Schenkungssteuer (NStP 1999, S. 180 ff.).

10. Liegenschaftsübertragungen mit grundbuchlich vorgemerktem Rückfallsrecht

Bei der Schenkung einer Liegenschaft kann vertraglich ein Rückfallrecht vereinbart werden für den Fall, dass der Beschenkte vor dem Schenker stirbt. Das Rückfallrecht kann im Grundbuch vorgemerkt werden. Eine solche Vormerkung ist allerdings nur zulässig, wenn keine Grundpfandschulden mitüberbunden wurden (BN 16 1997/98, Nr. 36, S. 341). Wird aufgrund der Vormerkung ein Rückfall beansprucht, wird auf dem Rückfall keine Schenkungssteuer erhoben, da die Rückübertragung nicht freiwillig erfolgt. Die zu übertragende Liegenschaft fällt auch nicht in den Nachlass des ursprünglich Beschenkten. Vgl. auch das Stichwort "Rückfallsklausel".

11. Freiwillige Übernahme der Schenkungssteuer durch den Schenker

Bezahlt der Schenker die Schenkungssteuer für den Beschenkten, ist der Schenkungssteuerbetrag, welcher durch den Beschenkten zu zahlen wäre, als zusätzliche unentgeltliche Zuwendung einmalig aufzurechnen (analog Steuervermächtnis, vgl. Ausführungen unter Art. 4 ESchG).

12. Rückkaufsrecht unter dem amtlichen Wert

Wird bei Vertragsabschluss ein Rückkaufsrecht zu einem Preis unter dem amtlichen Wert vereinbart, liegt grundsätzlich eine gemischte Schenkung nach Art. 8 Abs. 2 ESchG vor. Massgebend ist der amtliche Wert im Zeitpunkt der Ausübung des Rückkaufrechtes. (BVR 1987, S. 399 ff.).

13. Kaufpreisreduktion

Die nachträgliche Reduktion eines vertraglich vereinbarten Kaufpreises bildet in der Regel einen Schenkungstatbestand, wenn die Reduktion nicht auf verdeckte Mängel in Verbindung mit einer Schadenersatzklage zurückzuführen ist (MS 1940, S. 352).

14. Steuerumgehung

Wird eine Schenkung einem nahen Verwandten ausgerichtet mit der Auflage, den geschenkte Gegenstand unmittelbar anschliessend einer zum ursprünglichen Schenker entfernteren verwandten Person weiter zu schenken, liegt unter Umständen eine Steuerumgehung vor. In objektiver Hinsicht setzt die Steuerumgehung ein ungewöhnliches Vorgehen voraus. Zudem muss das ungewöhnliche Vorgehen eine tatsächliche Steuereinsparung bewirken (NStP 1981, S. 9 ff., NStP 1982, NStP 2003, S. 15 ff.).

15. Stiftungsbezug

Richtet eine Stiftung Leistungen an Destinatäre aus, ist die Steuerbarkeit dieser Leistungen zu prüfen. Die Leistung an die Destinatäre kann der Schenkungssteuer oder der Einkommenssteuer unterliegen oder aber sie kann steuerfrei sein.
Die Leistung an die Destinatäre ist gemäss Art. 29 lit. d StG bzw. Art. 24 lit. d DBG steuerfrei, wenn es sich beim Empfänger um eine unterstützungs-bedürftige Person handelt. Unterstützungsbedürftigkeit liegt vor, wenn die steuerpflichtige Person über ein Reineinkommen vor den Sozialabzügen von weniger als CHF 16'000 (Alleinstehende) bzw. CHF 24'000 (Verheiratete) verfügt und ein Reinvermögen vor den Sozialabzügen von weniger als CHF 50'000 besitzt. Damit die Leistung der Schenkungssteuer unterliegt, muss es sich um eine gemeinnützige Stiftung handeln und es müssen die Merkmale der Vermögenszuwendung, der Unentgeltlichkeit, der Bereicherung des Leistungsempfängers sowie der Schenkungswille der Stiftung erfüllt sein. Bei Stiftungen ist von einem Schenkungswillen auszugehen, wenn die Stiftungsorgane gemäss den Stiftungsstatuten bei der Auswahl der Destinatäre über einen Entscheidungsspielraum verfügen. Ist dies der Fall, so ist die Leistung in steuerlicher Hinsicht als Schenkung zu qualifizieren. Hat die Leistung an die Destinatäre weder einen Schenkungs- noch einen Unterstützungscharakter, ist die Zuwendung als Einkommen zu versteuern.

16. Stipendien

Unterstützungsleistungen in Form von Stipendien sind erbschafts- und schenkungsteuerfrei, sofern sie Unterstützungscharakter haben. Gemäss Rechtsprechung ist dies der Fall, wenn der Empfänger über keine anderen nennenswerte Mittel verfügt und zur Bestreitung seines (minimalen) Lebensunterhalts auf die Stipendien angewiesen ist (StE 1998 ZH B 22.2 Nr. 14). Nur wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, bleiben Stipendien an Studenten schenkungssteuerfrei. Stehen die Unterstützungsleistungen in einem Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis, unterstehen sie der Einkommenssteuer (vgl. ZIGERLI/JUD, in MARTIN ZWEIFEL/PETER ATHANAS, Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht I/2a, Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer DBG, Art. 1-82, Basel 2008, N 20 zu Art. 24). Haben Unterstützungsleistungen ihren Grund nicht in einem Arbeitsverhältnis oder ist der Begünstige nicht unterstützungsbedürftig, so unterliegen solche Leistungen der Schenkungssteuer (vgl. NStP 2007, S. 92 ff .).

17. Vorzugsmietzins

Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist es zulässig, die Vermietung zu Vorzugskonditionen als gemischte Schenkung zu qualifizieren und die Differenz zwischen bezahltem Mietzins und Eigenmietwert beim beschenkten Mieter mit der Schenkungssteuer zu erfassen (NStP 2009, S. 45 ff., insb. S. 55 E. 4.3.). Die Vorzugsmiete richtet sich bei der Schenkungssteuer nicht nach dem Grenzwert bei der Einkommenssteuer (< 50 % des Eigenmietwertes).

18. Übertragung einer Immobiliengesellschaft:

Im Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht wird die wirtschaftliche Betrachtungsweise bezüglich Grundstücken nicht angewendet (vgl. Muster, a.a.O., S. 146). Deshalb gelten die Aktien einer Immobiliengesellschaft als bewegliches Vermögen, das am Wohnsitz des Erblassers bzw. des Schenkers der Erbschafts- und Schenkungssteuer unterliegt (BGE 108 Ia 259 = StR 38, 370; BGE 95 I 26).

19. Versicherungen

Der Erbschafts- und Schenkungssteuer können nur Versicherungsleistungen unterliegen, die nicht mit der Einkommenssteuer besteuert werden. Das bedeutet, dass Versicherungsleistungen aus AHV/IV, SUVA, freiwilliger oder obligatorischer beruflicher Vorsorge, gebundener Selbstvorsorge, Versicherungsleistungen, die aus einem Arbeitsverhältnis resultieren, Leistungen von Unfall- und Haftpflichtversicherungen für Tod oder Invalidität sowie Leistungen aus Versorgerschaden und Genugtuungsansprüche nicht erbschafts- und schenkungssteuerlich relevant sind, da diese mit der Einkommenssteuer erfasst werden (Art. 26 ff. StG, Art. 22 ff. DBG). Solche Leistungsansprüche sind weder vererblich noch übertragbar und können damit nicht freiwillig an eine Drittperson übertragen werden. Die Hinterbliebenen erwerben die Leistungsansprüche nicht aufgrund einer freiwilligen Zuwendung des Erblassers, sondern kraft eigenem gesetzlichem Anspruch. Private Personenversicherungen, die übertragbar und vererblich sind, wie z.B. Leistungen auf den Todesfall an Erben oder Begünstigte aus Lebensversicherungen, können dagegen der Erbschafts- und Schenkungssteuer unterliegen.

19.1 Lebensversicherungen im Besonderen (vgl. Merkblatt 4 der Steuerverwaltung des Kantons Bern sowie die Ausführungen zu Versicherungen unter Art. 7 ESchG)

Bei den Lebensversicherungen ist zu unterscheiden, ob es sich um rückkaufsfähige oder nicht rückkaufsfähige Lebensversicherungen handelt. Einmalige oder wiederkehrende Leistungen aus einer nicht rückkaufsfähigen Versicherung (Risikoversicherungen) unterstehen stets der Einkommenssteuer nach Art. 28 Abs. 1 lit. b und Art. 44 StG bzw. Art. 23 lit. b und Art. 38 DBG. Leistungen aus rückkaufsfähigen Lebensversicherungen unterliegen gemäss Art. 29 lit. b StG und Art. 24 lit. b DBG nicht der Einkommenssteuer, weshalb sie erbschafts- und schenkungssteuerlich relevant sind.

19.1.1 Rückkaufsfähige Lebensversicherungen mit unwiderruflicher Begünstigungsklausel:

Der Versicherungsnehmer kann jemand Anderes als sich selbst als Begünstigten bezeichnen, der die Leistungen im Erlebens-, im Todes- und im Invaliditätsfall erhalten soll. Die Begünstigung ist widerruflich, wenn der Versicherungsnehmer bis zur Fälligkeit der Versicherungsleistung die Begünstigung ändern kann. Sie ist unwiderruflich, wenn der Versicherungsnehmer in der Police mit seiner Unterschrift auf den Widerruf der Begünstigung verzichtet und die Originalpolice dem Begünstigten übergibt.
Hat der Versicherungsnehmer eine andere Person unwiderruflich als Begünstigten bezeichnet, und wird die Versicherungsleistung schon vor dem Ableben des Versicherungsnehmers fällig, so wird der Begünstigte bei Fälligkeit der Versicherungsleistung schenkungssteuerpflichtig, weil er aus dem Vermögen des Versicherungsnehmers unentgeltlich bereichert wird. Wird die Versicherungsleistung beim Ableben des Versicherungsnehmers fällig, so fällt die Versicherungsleistung nicht in den Nachlass, denn der Begünstigte erwirbt die Anspruchsberechtigung kraft eigenen Rechts aus Versicherungsvertrag (VVG 76 ff.) und nicht aufgrund seiner Erbenstellung. Der Begünstigte wird schenkungssteuerpflichtig. Ist der Versicherungsanspruch mit dem Ableben des Versicherungsnehmers nicht fällig geworden (z.B. Terminversicherung oder Versicherung auf fremdes Leben), wird der Begünstigte erst im Zeitpunkt der Auszahlung schenkungssteuerpflichtig (vgl. MUSTER, a.a.O., S. 355 ff.).

19.1.2 Rückkaufsfähige Lebensversicherungen ohne bzw. mit widerrufener Begünstigungsklausel:

Hat der Versicherungsnehmer keine begünstigte Person bezeichnet oder ist die Begünstigung widerrufen worden, so fällt die Versicherungsleistung, welche beim Tod des Versicherungsnehmers fällig wird, in dessen Nachlass (unter Vorbehalt der güterrechtlichen Bestimmungen) und unterliegt damit der Erbschaftssteuer.

19.1.3 Spezialitäten bei rückkaufsfähigen Lebensversicherungen in Rentenform:

Hat der Versicherungsnehmer eine rückkaufsfähige Rentenversicherung unwiderruflich zugunsten einer Drittperson abgeschlossen, unterliegt das Rentenstammrecht im Zeitpunkt des Eintritts des versicherten Ereignisses (z.B. Tod des Versicherungsnehmers) der Schenkungssteuer. Das Rentenstammrecht fällt nicht in den Nachlass. Die einzelnen Rentenzahlungen an den Begünstigten unterliegen hingegen der Einkommenssteuer (BGE 100 Ib 287).
Hat der Versicherungsnehmer eine Leibrente mit Prämienrückgewähr abgeschlossen und für den Fall seines Ablebens bezüglich dieser Prämienrückgewähr eine Drittperson begünstigt, so fällt die Prämienrückgewähr nicht in seinen Nachlass. Der Begünstigte erwirbt die Anspruchsberechtigung kraft eigenen Rechts aus Versicherungsvertrag (VVG 76 ff.). Aufgrund von Art. 7 Abs. 2 StHG ist die Auszahlung der Prämienrückgewähr bei einer Leibrente zu 40% einkommenssteuerpflichtig. Für die restlichen 60% unterliegt der Begünstigte der Schenkungssteuer.
Bei einer aufgeschobenen Rentenversicherung entsteht mit der Zahlung der Einmalprämie noch keine Steuerpflicht, da der Versicherungsnehmer über die Rechte und Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag frei verfügen kann. Erst mit dem Eintritt des Todes des Versicherungsnehmers oder mit der ersten Rentenzahlung an den Begünstigten unterliegt der Rückkaufswert der Erbschaft- und Schenkungssteuer.

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Fassung vom 13.09.2023

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