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Steuerobjekt, Erbschaftssteuer (Art. 7 ESchG)

Erläuterung zu Artikel 7 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes (Art. 7 EschG):

Der Vermögenserwerb von Todes wegen (gesetzliche, erbvertragliche oder testamentarische Erbfolge, Vermächtnis, Schenkung auf den Todesfall) unterliegt der Erbschaftssteuer.

I. Erbfolge

Unter Erbfolge wird der Erwerb der Erbschaft durch die Erben verstanden. Die Gesamtheit der Erben (Erbengemeinschaft) tritt aufgrund der Universalsukzession in die Gesamtheit der Rechte und Pflichten des Erblassers ein, unabhängig davon, ob es sich dabei um gesetzliche oder durch Testament bzw. Erbvertrag eingesetzte Erben handelt.

II. Schenkung auf den Todesfall

Hat der Schenker zu Lebzeiten eine Schenkung versprochen, ihren Vollzug aber vertraglich bis zu seinem Tod hinausgeschoben, handelt es sich um eine Schenkung auf den Todesfall. Art. 245 Abs. 2 OR unterstellt Schenkungen auf den Todesfall den Vorschriften über die Verfügungen von Todes wegen. Da der Vermögenserwerb im Zeitpunkt des Todes des Schenkers erfolgt, unterliegt die Schenkung auf den Todesfall der Erbschaftssteuer. Beim Erbvorbezug erfolgt der Vermögenserwerb bereits zu Lebzeiten des Erblassers, weshalb dieser steuerrechtlich als Schenkung unter Lebenden der Schenkungssteuer unterliegt.

III. Nachlassvermögen

Beim Vermögenserwerb von Todes wegen muss zunächst das Nachlassvermögen ermittelt werden. Bei verheirateten Erblassern bzw. bei Erblassern in eingetragener Partnerschaft müssen vorgängig die güterrechtliche bzw. vermögensrechtliche Auseinandersetzung vorgenommen und die jeweiligen güterrechtlichen bzw. vermögensrechtlichen Forderungen berechnet werden.

Zum Nachlass gehören nicht nur die von Todes wegen übertragbaren Vermögensgegenstände oder Rechte des Erblassers, sondern auch seine güterrechtlichen bzw. vermögensrechtlichen Forderungen, die ausgleichspflichtigen Vorempfänge sowie die herabsetzbaren Zuwendungen zu Lebzeiten. Abzuziehen sind die Schulden des Erblassers sowie die Erbgangsschulden. Dieser "Nettonachlass" bildet die Grundlage für die Erhebung der Erbschaftssteuer.
Ansprüche, die die Erben kraft eigenen Rechts haben (z.B. AHV- und BVG-Leistungen, Genugtuungs- und Schadenersatzansprüche der Hinterbliebenen, Abgeltung des Versorgerschadens etc.) sowie Zuwendungen zum Unterhalt und zur Ausbildung in Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht (vgl. Art. 605 Abs. 2, Art. 606, Art. 631 ZGB gehören nicht zum Nachlass. Aufgrund der vertraglichen bzw. gesetzlichen Pflicht fehlt es an der Unentgeltlichkeit. Diese Ansprüche gelten folglich als Forderungen und damit als Schulden des Erblassers. Die Wertbestimmung der Nachlassaktiven und -passiven erfolgt zum Wert per Todestag.
Zur Wertbestimmung vgl.Art. 11 ff. ESchG.

IV. Ausschlagung

Der Verzicht auf einen Erbanspruch oder ein Vermächtnis kann nur mittels Ausschlagung erfolgen bzw. muss das Erfordernis einer Ausschlagung erfüllen, damit er im Erbschaftssteuerverfahren berücksichtigt werden kann. Ein Verzicht "zu Gunsten" ist keine Ausschlagung sondern eine Annahme mit anschliessender (Weiter-) Schenkung.
Nach Art. 570 ZGB hat die Ausschlagung vorbehaltlos zu geschehen, sonst ist sie materiell unrichtig und kann nicht als Ausschlagung im Sinne des Gesetzes akzeptiert werden. Die ausschlagende Person hat in diesem Fall den auf sie entfallenden Erbteil erworben. Wird nach Ablauf der Ausschlagungsfrist zugunsten der Miterben auf die Erbschaft bzw. einen Teil der Erbschaft verzichtet, stellt dies gegebenenfalls eine steuerpflichtige Schenkung an die Begünstigten dar (vgl. MUSTER, Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht, das bernische Gesetz über die Erbschafts- und Schenkungssteuer, Muri b. Bern, 1990, S. 298). Wenn die Ausschlagung "zu Gusten" jene Erben begünstigt, die auch ohne den Zusatz "zu Gunsten" als Rechtsnachfolger als erbberechtigt gelten, kann die Ausschlagung akzeptiert werden, d.h. es entsteht kein neuer Steuertatbestand.

V. Besondere Fälle

1. Drittvermögen

Sparheftkonti, die von der verstorbenen Person auf den Namen einer Drittperson angelegt wurden, gehören zum Nachlassvermögen, wenn das Verfügungsrecht bis zum Tod bei der verstorbenen Person verblieb. Eine Schenkung wurde nicht vollzogen, da die verstorbene Person die Begünstigung bis zu ihrem Tod ohne weiteres widerrufen konnte. (BGE 64 II 360 und 67 II 94). Solche Konti gehörten auch zum steuerpflichtigen Vermögen der verstorbenen Person und können - falls nicht versteuert - zu einem Nachsteuerverfahren führen.

2. Erneuerungsfonds

Anteile am Erneuerungsfonds bei Stockwerkeigentum sind zwar zwingend an die Stockwerkeinheit gebunden, gelten jedoch als bewegliches Vermögen. Rechnerisch stellt ein Erneuerungsfonds ein Guthaben dar, über das nicht frei verfügt werden kann. Im Erbfall gehört der Erneuerungsfonds grundsätzlich zum Nachlassvermögen einer verstorbenen Person. Das Guthaben unterliegt somit trotz Verfügungsbeschränkung der Erbschaftssteuer bzw. bei schenkungsweiser Übertragung der Schenkungssteuer (BVR 1984, S. 123 ff.).

3. Hilflosenentschädigung

Per Todestag ausstehende Guthaben aus Hilflosenentschädigung gehören nicht zum Nachlass. Die Entschädigung steht vielmehr direkt jener Person oder Institution zu, die die verstorbene Person betreut bzw. gepflegt hat.

4. Kapitalabfindung

Ist testamentarisch oder erbvertraglich verfügt, dass eine bestimmte Summe als Kapitalabfindung auszurichten sei, muss abgeklärt werden, ob zwischen dem Erblasser und der begünstigten Person ein Arbeitsvertragsverhältnis bestand oder ob mit der Zuwendung bloss Freundschaftsdienste abgegolten werden. Kann eine Zuwendung als Kapitalabfindung aus Dienstverhältnis akzeptiert werden, unterliegt die Kapitalabfindung der Einkommenssteuer. Es kommt nicht auf die von den Parteien gewählte Bezeichnung, sondern auf die tatsächlichen Verhältnisse an (MS 1975, S. 219).

5. Konkursamtliche Erbschaftsliquidation

Wird in einer konkursamtlichen Erbschaftsliquidation der Aktivenüberschuss den berechtigten Erben zugewiesen, so unterliegen diese vollumfänglich der Erbschaftssteuer, auch wenn der Überschuss aus dem Verkauf einer Liegenschaft resultiert.

6. Amtliche Erbschaftsliquidation

Bei der amtlichen Erbschaftsliquidation haben die Erben im Unterschied zur konkursamtlichen Liquidation die Erbschaft nicht ausgeschlagen. Sofern eine Liegenschaft im Liquidationsverfahren zu einem Preis über dem amtlichen Wert veräussert wird, unterliegt die Differenz zwischen dem amtlichen Wert und dem Kaufpreis der Grundstückgewinnsteuer, weil im Zeitpunkt der Veräusserung die in Frage kommenden Erben Gesamteigentümer des Nachlasses sind. Bei der Erbschaftssteuer wird nur der amtliche Wert erfasst.

7. Lohnguthaben

Lohnguthaben einer verstorbenen Person per Todestag gehören zu deren Nachlass (MS 1961, S. 257). Die auf solchen Guthaben zu entrichtende Einkommenssteuer ist im Nachlass zu passivieren. Ein an die Erben einer verstorbenen Person ausgerichteter Lohnnachgenuss ist dagegen einkommenssteuerpflichtig (MS 1936, S. 34).

8. Treuhandvermögen

Obwohl sachenrechtlich der Treuhänder Eigentümer des Treuguts ist, bleibt der Treugeber wirtschaftlich am Treugut berechtigt. Das Treugut stellt ein Sondervermögen im Vermögen des Treuhänders dar. Stirbt der Treuhänder, ist das Sondervermögen auszuscheiden und fällt nicht in seinen Nachlass. Weder die Begründung eines Treuhandverhältnisses noch die lebzeitige Rückgabe von Treuhandvermögen an die eigentumsberechtigte Person lösen eine Schenkungssteuerpflicht aus.

9. Übertragung einer Immobiliengesellschaft:

Im Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht wird die wirtschaftliche Betrachtungsweise bezüglich Grundstücken nicht angewendet (vgl. Muster, a.a.O., S. 146). Deshalb gelten die Aktien einer Immobiliengesellschaft als bewegliches Vermögen, das am Wohnsitz des Erblassers bzw. des Schenkers der Erbschafts- und Schenkungssteuer unterliegt (BGE 108 Ia 259 = StR 38, 370;BGE 95 I 26).

10. Versicherungen

Erbschafts- und schenkungssteuerrechtlich sind vertragliche Versicherungsleistungen von Relevanz, wenn sie einer Drittperson freiwillig und unentgeltlich zugewendet werden, d.h. wenn eine Drittperson ohne Gegenleistung begünstigt wird.

10.1 Schadensversicherungen

Versicherungsleistungen aus Schadensversicherungen des Erblassers, die als Ersatz für beschädigte oder untergegangene Werte ausgerichtet werden (Sach- und Vermögensversicherungen), fallen an Stelle der untergegangenen Werte in den Nachlass des Erblassers und werden folglich durch die Erbschaftssteuer erfasst.

10.2 Personenversicherungen

Der Erbschafts- und Schenkungssteuer können nur Versicherungsleistungen unterliegen, die nicht mit der Einkommenssteuer besteuert werden. Das bedeutet, dass Versicherungsleistungen aus AHV/IV, SUVA, freiwilliger oder obligatorischer beruflicher Vorsorge, gebundener Selbstvorsorge, Versicherungsleistungen, die aus einem Arbeitsverhältnis resultieren, Leistungen von Unfall- und Haftpflichtversicherungen für Tod oder Invalidität sowie Leistungen aus Versorgerschaden und Genugtuungsansprüche nicht erbschafts- und schenkungssteuerlich relevant sind, da diese mit der Einkommenssteuer erfasst werdenArt. 26 ff. StG,Art. 22 ff. DBG. Solche Leistungsansprüche sind weder vererblich noch übertragbar. Die Hinterbliebenen erwerben die Leistungsansprüche nicht aufgrund einer freiwilligen Zuwendung des Erblassers, sondern kraft eigenem gesetzlichem Anspruch. Private Personenversicherungen, die übertragbar und vererblich sind, wie z.B. Leistungen auf den Todesfall an Erben oder Begünstigte aus Lebensversicherungen, können der Erbschafts- und Schenkungssteuer unterliegen.

10.3 Lebensversicherungen im Besonderen (vgl. Merkblatt 4 der Steuerverwaltung des Kantons Bern)

Bei den Lebensversicherungen ist zu unterscheiden, ob es sich um rückkaufsfähige oder nicht rückkaufsfähige Lebensversicherungen handelt. Einmalige oder wiederkehrende Leistungen aus einer nicht rückkaufsfähigen Lebensversicherung (Risikoversicherungen) unterstehen stets der Einkommenssteuer nach Art. 28 Abs. 1 lit. b und Art. 44 StG bzw. Art. 23 lit. b und Art. 38 DBG. Leistungen aus rückkaufsfähigen Lebensversicherungen unterliegen gemäss Art. 29 lit. b StG undArt. 24 lit. b DBG
nicht der Einkommenssteuer, weshalb sie erbschafts- und schenkungssteuerlich relevant sind.

10.3.1 Rückkaufsfähige Lebensversicherungen mit unwiderruflicher Begünstigungsklausel:

Der Versicherungsnehmer kann eine andere Person als sich selbst als Begünstigten bezeichnen, der die Leistungen im Erlebens-, im Todes- und im Invaliditätsfall erhalten soll. Die Begünstigung ist widerruflich, wenn der Versicherungsnehmer bis zur Fälligkeit der Versicherungsleistung die Begünstigung ändern kann. Sie ist unwiderruflich, wenn der Versicherungsnehmer in der Police mit seiner Unterschrift auf den Widerruf der Begünstigung verzichtet und die Originalpolice dem Begünstigten übergibt.
Hat der Versicherungsnehmer eine andere Person unwiderruflich als Begünstigten bezeichnet, so fällt die Versicherungsleistung nicht in den Nachlass. Der Begünstigte erwirbt die Anspruchsberechtigung kraft eigenen Rechts aus VersicherungsvertragVVG 76 ff.. Der Begünstigte ist durch die Versicherungsleistung unentgeltlich aus dem Vermögen des Versicherungsnehmers bereichert, weshalb er für die Versicherungsleistung schenkungssteuerpflichtig ist. Ist der Versicherungsanspruch mit dem Ableben des Versicherungsnehmers nicht fällig geworden (z.B. Terminversicherung oder Versicherung auf fremdes Leben), wird der Begünstigte erst im Zeitpunkt der Auszahlung schenkungssteuerpflichtig (vgl. MUSTER, a.a.O., S. 355 ff.).

10.3.2 Rückkaufsfähige Lebensversicherungen ohne bzw. mit widerrufener Begünstigungsklausel:

Hat der Versicherungsnehmer keine begünstigte Person bezeichnet oder ist die Begünstigung widerrufen worden, so fällt die Versicherungsleistung, welche beim Tod des Versicherungsnehmers fällig wird, in dessen Nachlass (unter Vorbehalt der güterrechtlichen Bestimmungen) und unterliegt damit der Erbschaftssteuer.

10.3.3 Spezialitäten bei rückkaufsfähigen Rentenversicherungen:

Hat der Versicherungsnehmer eine rückkaufsfähige Rentenversicherung unwiderruflich zugunsten einer Drittperson abgeschlossen, unterliegt das Rentenstammrecht im Zeitpunkt des Eintritts des versicherten Ereignisses (z.B. Tod des Versicherungsnehmers) der Schenkungssteuer. Das Rentenstammrecht fällt nicht in den Nachlass. Die einzelnen Rentenzahlungen an den Begünstigten unterliegen hingegen der Einkommenssteuer.

Hat der Versicherungsnehmer eine Leibrente mit Prämienrückgewähr abgeschlossen und für den Fall seines Ablebens bezüglich dieser Prämienrückgewähr eine Drittperson begünstigt, so fällt die Prämienrückgewähr nicht in seinen Nachlass. Der Begünstigte erwirbt die Anspruchsberechtigung kraft eigenen Rechts aus Versicherungsvertrag VVG 76 ff.. Aufgrund von Art. 7 Abs. 2 StHG ist die Auszahlung der Prämienrückgewähr bei einer Leibrente zu 40% einkommenssteuerpflichtig. Für die restlichen 60% unterliegt der Begünstigte der Schenkungssteuer.

Bei einer aufgeschobenen Rentenversicherung entsteht mit der Zahlung der Einmalprämie noch keine Steuerpflicht, da der Versicherungsnehmer über die Rechte und Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag frei verfügen kann. Erst mit dem Eintritt des Todes des Versicherungsnehmers oder mit der ersten Rentenzahlung an den Begünstigten unterliegt der Rückkaufswert der Erbschaft- und Schenkungssteuer. 

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Fassung vom 13.09.2023

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