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Sachliche Abzüge (Art. 16 ESchG)

Erläuterung zu Artikel 16 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes (Art. 16 EschG):

I. Erbschaftsschulden

Unter Erbschaftsschulden werden die Schulden des Erblassers verstanden, die aufgrund der Universalsukzession zu persönlichen Schulden der solidarisch haftenden Erben werden (Art. 560 und 603 ZGB). Fälligkeit der Schulden ist nicht nötig, sie müssen aber am Todestag des Erblassers rechtswirksam bestehen. Unter anderem können abgezogen werden (vgl. Muster, Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht, das bernische Gesetz über die Erbschafts- und Schenkungssteuer, Muri b. Bern, 1990, S. 361 ff.):

- Kosten für Wohnungsmiete und andere laufende Verpflichtungen des Erblassers bis zum nächstmöglichen Kündigungstermin,
- Arzt-, Spital- und Pflegekosten,
- Schulden des Erblassers gegenüber den Erben,
- Lidlohnansprüche der Kinder und Enkelkinder gemäss Art. 603 Abs. 2 i.V.m. Art. 334 und 334 bis ZGB,
- Forderungen des überlebenden Ehegatten aus Güterrecht,
- Steuerschulden des Erblassers inkl. allfällige Nachsteuerforderungen (sind die Steuern per Todestag im Zeitpunkt der Veranlagung der Erbschaftssteuer noch nicht veranlagt, ist eine Rückstellung auf Basis der Vorjahrestaxation vorzunehmen),
- verjährte Schulden, sofern diese auch tatsächlich bezahlt werden,
- durch die Erben gegenüber dem Erblasser erbrachte Unterhaltskosten (Kost und Logis) , soweit sie durch sämtliche Miterben anerkannt sind,
- Forderungen eines Erben oder Vermächtnisnehmers für Pflegekosten:  Hat der Erbe oder der Vermächtnisnehmer dem Erblasser zu Lebzeiten Dienste geleistet, insbesondere Pflege gewährt, so kann er dafür eine als Erbschaftsschuld im Sinne von Art. 16 ESchG abziehbare Forderung nur geltend machen, wenn er ein zwischen ihm und dem Erblasser bestehendes Schuld- und Forderungsverhältnis beweisen oder zumindest hinlänglich glaubhaft machen kann. Gemäss Praxis anerkennt die ESN eine genügende Glaubhaftmachung, wenn die Miterben keine Einwände gegen die Rechnungsstellung haben. Handelt es sich beim Steuerpflichtigen um einen Alleinerben, muss er das behauptete Schuld- und Forderungsverhältnis nachweisen. Für die tatsächlich vergüteten Pflegekosten werden die Empfänger einkommenssteuerpflichtig. Keine Erbschaftsschuld entsteht, wenn die Dienste in der Annahme geleistet wurden, der Erblasser werde sich durch Erbeinsetzung oder Vermächtnis erkenntlich zeigen. Soweit dagegen effektive Auslagen für Kost, Logis und anderer Auslagenersatz (z.B. Kilometerentschädigung für die Räumung einer Mietwohnung) geltend gemacht werden, hat der Leistende einen Rückerstattungsanspruch. Die Auslagen sind nachzuweisen oder hinlänglich glaubhaft zu machen (vgl. MS Bd. 53, S. 167 ff. und MS Bd. 60, S. 162 ff.).

II. Erbgangsschulden

Als Erbgangsschulden werden die mit dem Tod unmittelbar ausgelösten Kosten (Todesfallkosten) bezeichnet. Kosten, die für die Hinterbliebenen entstehen (z.B. Anreise, Unterbringung) sowie die Kosten die mit der Teilung einer Erbschaft zusammenhängen (Teilungskosten) gelten nicht als Erbgangsschulden und sind deshalb nicht als Passiven zu berücksichtigen. Als Erbgangsschulden gelten:

1. Todesfallkosten

Als Todesfallkosten gelten alle unmittelbar mit dem Tod des Erblassers zusammenhängenden Auslagen, also Kosten, die für die Abwicklung des Erbgangs in jedem Erbfall entstehen (z.B. Kosten für Siegelung, Inventaraufnahme, Testamentseröffnung, Erbschaftsverwaltung, amtliche Liquidation, Honorar des Willensvollstreckers).

2. Begräbniskosten

Abziehbar sind die Kosten, die für ein ortsübliches und standesgemässes Begräbnis nötig sind. Praxisgemäss werden als Reserven für Grabstein und Grabunterhalt ohne nähere Prüfung Pauschalbeträge von je CHF 5'000 (Praxisänderung per 1.1.2017) anerkannt. Zusätzliche Aufwendungen aus dem Nachlass, die auf dem Willen der Hinterlassenen beruhen, also nicht durch den Tod der verstorbenen Person zwingend begründet sind, gelten nicht als Erbschaftspassiven.

3. Unterhalt der schwangeren Mutter

Wenn beim Erbgang auf ein noch nicht geborenes Kind Rücksicht genommen werden muss, können die Kosten für den Unterhalt der schwangeren Mutter gemäss Art. 605 Abs. 2 ZGB bis zur Geburt des Kindes abgezogen werden.

III. Vermächtnisse

Vom Nachlass abgezogen werden können die Vermächtnisse und Auflagen. Richten die Erben Zuwendungen auf formlosen Wunsch des Erblassers aus, stellen diese keine Vermächtnisse dar und können nicht in Abzug gebracht werden (vgl. Muster, a.a.O., S. 365, FN 48).

IV. Unterhaltsansprüche der Hausgenossen gemäss Art. 606 ZGB

Erben, die zur Zeit des Todes des Erblassers in dessen Haushaltung ihren Unterhalt erhalten haben, können verlangen, dass ihnen nach dem Tode des Erblassers der Unterhalt noch während eines Monats auf Kosten der Erbschaft ausgerichtet wird (Art. 606 ZGB). Solche Unterhaltsforderungen können gemäss Art. 474 Abs. 2 ZGB vom Nachlass in Abzug gebracht werden.

V. Vorausbezüge für Kinder, die noch in Ausbildung stehen oder gebrechlich sind, gemäss Art. 631 Abs. 2 ZGB

Gemäss Art. 276 ZGB sind Eltern verpflichtet, ihren Kindern (nicht aber Enkelkindern) Ausbildung und Erziehung zukommen zu lassen. Solange die Auslagen hierfür das übliche Mass (Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Erblassers) nicht überschreiten, erfolgen sie aufgrund einer rechtlichen Pflicht und unterliegen daher nicht der Erbschaftssteuer. Erhalten die Kinder aufgrund des Todes des Erblassers eine für die Finanzierung des Unterhalts und der Ausbildung bestimmte Kapitalleistung aus dem Nachlass, kann diese für die Berechnung der Erbschaftssteuer vom Nachlass abgezogen werden. Art. 631 Abs. 2 sieht bei der Erbteilung ein Anrecht auf angemessenen Vorausbezug dieser Unterhalts- oder Ausbildungskosten vor, was zu einer Minderung des Nachlasses führt.

VI. Gerichts- und Anwaltskosten für Ungültigkeits-, Herabsetzungs- und Erbschaftsklagen

Wenn Erben oder Vermächtnisnehmer ihre erbrechtlichen Ansprüche nur durch Führung eines Prozesses durchsetzen können, so kann der jeweilige Zuwendungsempfänger die ihn betreffenden Prozesskosten von seiner Zuwendung in Abzug bringen (MS 1948, S. 203, MS 1936, S. 142).

VII. Schenkungen an steuerbefreite Institutionen

Aus einem erbrechtlichen Anspruch oder aus Schenkungen ausgerichtete Vergabungen von Erben, Vermächtnisnehmern oder Beschenkten an steuerbefreite Institutionen nach Artikel 6 ESchG können passiviert werden, soweit der Vollzug vor Einreichung der Erbschaftssteueranzeige, jedoch spätestens bis zum Zeitpunkt der Veranlagung erfolgte. Gleichartige Vergabungen an Privatpersonen oder nicht steuerbefreite Institutionen können dagegen nicht passiviert werden, sondern erfüllen zusätzlich den Tatbestand einer Schenkung.

VIII. Auf dem Schenkungsobjekt lastende Schulden

Hat der Beschenkte zusammen mit der unentgeltlichen Zuwendung Schulden des Schenkers übernommen, wie z.B. die Übernahme von Hypotheken beim Erhalt einer Liegenschaft oder die Übernahme eines Vermögenskomplexes inkl. Passiven, können diese vom Wert der Schenkung in Abzug gebracht werden.

IX. Kapitalwert eines die Zuwendung belastenden Rechts

Erhält der Zuwendungsempfänger eine Zuwendung, die durch Berechtigungen wie Nutzniessung, Wohnrecht, Rente, Pfrund etc. belastet ist, so kann er den Kapitalwert (vgl. Ausführungen zu Art. 12 ESchG) eines solchen Rechts vom Wert seiner Zuwendung abziehen. Der Kapitalwert ist von der durch das Recht berechtigten Person zu versteuern.

X. 100 Prozent des reinen Geschäftsvermögens bei der Unternehmensnachfolge

Da die Unternehmensnachfolge nicht durch eine übermässige Steuerbelastung erschwert werden soll, kann das reine Geschäftsvermögen bei einer Unternehmensnachfolge vom Wert der erhaltenen Zuwendung abgezogen werden. Unter Geschäftsvermögen sind Anteile an Personengesellschaften (Kommandit- und Kollektivgesellschaft) bzw. einer Einzelfirma zu verstehen. Werden diese Anteile innert 10 Jahren seit dem Übergang entgeltlich veräussert, erfolgt eine Nachbesteuerung (vgl. Art. 22 Abs. 1 EschG).

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Fassung vom 03.04.2020

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