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Zuordnung von Liegenschaften zu Privat- oder Geschäftsvermögen bei Gesamt- bzw. Miteigentum

1 Grundlagen

1.1 Miteigentum

Haben mehrere Personen ein Grundstück nach Bruchteilen in ihrem Eigentum, liegt Miteigentum vor. Jeder Miteigentümer hat für seinen Anteil die Rechte und Pflichten eines Eigentümers. Der jeweilige Miteigentumsanteil kann veräussert und mit Hypotheken belastet werden (Art. 646 ZGB). Verwaltungskosten, Steuern und andere Lasten tragen die Miteigentümer - wenn nicht anders vereinbart - im Verhältnis ihrer Anteile. Hat ein Miteigentümer solche Ausgaben über seinen Anteil hinaus getragen, so kann er von den andern nach dem gleichen Verhältnis Ersatz verlangen (Art. 649 ZGB).

1.2 Gesamteigentum

Gesamteigentum liegt vor, wenn mehrere Personen eine Gemeinschaft bilden und eine Sache kraft ihrer Gemeinschaft
erwerben (Art. 652 ZGB; Beispiele: Gütergemeinschaften des Familienrechts, Erbengemeinschaft, einfache Gesellschaft). Die einzelnen Gesamthandanteile zeigen nach aussen keine Wirkung und können weder veräussert noch mit Hypotheken belastet werden. Gesamteigentümer können nur gemeinschaftlich handeln. Die Rechte und Pflichten richten sich nach den Regeln unter denen ihr Gesamthandverhältnis steht (Art. 653 ZGB).

1.3 Steuerrechtliche Abgrenzung Geschäftsvermögen und Privatvermögen

Für die Zuteilung von Vermögensgegenständen ist deren technisch-wirtschaftliche Funktion massgebend. Wird der Vermögensgegenstand im Beurteilungszeitpunkt objektiv für Geschäftszwecke verwendet respektiv dient er der selbständigen Erwerbstätigkeit, so ist er als Geschäftsvermögen zu qualifizieren.

Bei gemischt genutzten Liegenschaften, welche unmittelbar zugleich privaten und geschäftlichen Zwecken dienen, ist die Zuteilung zum Geschäfts- oder Privatvermögen aufgrund der Präponderanzmethode vorzunehmen (vgl. hierzu auch Merkblatt der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 12. November 1992). Demnach sind die gemischt genutzten Liegenschaften dann als vorwiegend der selbständigen Erwerbstätigkeit dienend, wenn ihre geschäftliche Nutzung die private Nutzung überwiegt.

2 Vorbemerkung

Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf eine Beurteilung im Sinne eines erstmaligen Eigentumserwerbs. Die einmal festgesetzte Behandlung gilt sodann auch für die folgenden Steuerperioden. Bei den aufgezeigten Qualifikationsmöglichkeiten handelt es sich nicht deshalb um ein jährliches Wahlrecht.

3. Ehegatten mit Liegenschaft im Gesamt- oder Miteigentum

3.1 Sachverhalt

Die Ehegatten halten die Liegenschaft im Gesamt- oder Miteigentum. Einer der Ehegatten ist selbständig erwerbstätig und führt eine Einzelfirma.

3.2 Steuerrechtliche Qualifikation: Privatvermögen - Geschäftsvermögen

Für die steuerrechtliche Qualifikation als Privat- oder Geschäftsvermögen ist die überwiegende geschäftliche Nutzung massgebend. Sofern eine solche vorliegt, wird vermutungsweise für die ganze Liegenschaft von Geschäftsvermögen ausgegangen. Sodann ist sie im Geschäftsvermögen bzw. in der Bilanz aufzuführen.
Eine von dieser Vermutung abweichende Beurteilung bleibt der steuerpflichtigen Person vorbehalten. Sie kann der Steuerverwaltung des Kantons Bern unter Einhaltung der Mitwirkungspflichten (Art. 126 DBG bzw. 167 StG) die anders lautende Qualifikation darlegen.

4 Ehegatten mit Liegenschaft im Alleineigentum

4.1 Entgeltliche Überlassung der Liegenschaft

4.1.1 Sachverhalt

Ein Ehegatte hat die Liegenschaft im Alleineigentum (Eigentümerehegatte) erworben und stellt sie dem anderen, selbständig erwerbstätigen Ehegatten (Unternehmerehegatte), entgeltlich zu Geschäftszwecken zur Verfügung. Der Eigentümerehegatte arbeitet nicht im Betrieb des Unternehmerehegatten mit.

4.1.2 Steuerrechtliche Qualifikation: Privatvermögen - Geschäftsvermögen

Die Liegenschaft ist nicht als Geschäftsvermögen zu qualifizieren, da sie dem Eigentümerehegatten, welcher keine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt und nicht im Betrieb des Unternehmerehegatten mitarbeitet, alleine zu Kapitalanlagezwecken dient.

4.2 Unentgeltliche Überlassung der Liegenschaft

4.2.1 Sachverhalt

Der Eigentümerehegatte hat eine Liegenschaft im Alleineigentum erworben und stellt sie dem selbständig erwerbstätigen Ehegatten zu Geschäftszwecken unentgeltlich zur Verfügung.

4.2.2 Steuerrechtliche Qualifikation: Privatvermögen - Geschäftsvermögen

Aufgrund der unentgeltlichen Überlassung bilden die Ehegatten eine wirtschaftliche Einheit. Es ist nicht erforderlich, dass die Ehegatten eine einfache Gesellschaft gemäss Art. 530 ff. OR oder eine Personengesellschaft des Handelsrechts bilden. Die Liegenschaft kann unter diesen Umständen nicht mehr als private Kapitalanlage gelten. Vielmehr stellt sie Geschäftsvermögen dar.

Eine Zurechnung zu einem der beiden Ehegatten kann zufolge der Faktorenaddition unterbleiben.

5 Natürliche Personen mit Liegenschaft im Gesamt- oder Miteigentum

5.1 Sachverhalt

Eine Liegenschaft befindet sich im Gesamt- (beispielsweise Erbengemeinschaft) oder Miteigentum mehrerer natürlichen Personen (jedoch keine Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft). Die involvierten Personen vereinbaren, dass die Liegenschaft ausschliesslich durch eine der beteiligten Personen geschäftlich genutzt werden kann. Aufgrund der Nutzung entrichtet die nutzende Person ein marktgerechtes Entgelt an die übrigen Eigentümer.

5.2 Steuerrechtliche Qualifikation: Privatvermögen - Geschäftsvermögen

Das Entgelt für die Nutzung qualifiziert als Ertrag aus unbeweglichem Vermögen gemäss Art. 21 Abs. 1 Bst. a DBG bzw. Art. 25 Abs. 1 Bst. a StG. Die Liegenschaft wird jedoch im Privatvermögen gehalten, sofern diese nicht bereits als Geschäftsvermögen vererbt worden ist bzw. keine Personengesellschaft (Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft) besteht. Es erfolgt keine Bilanzierung.

6 Folgen der Qualifikation als Geschäftsvermögen

Die Grundlagen für die Besteuerung aus selbständiger Erwerbstätigkeit ergeben sich aus Art. 18 DBG und Art. 21 StG.
An dieser Stelle ist besonders hervorzuheben, dass bei der Qualifikation einer Liegenschaft zu Geschäftsvermögen Pauschalabzüge gemäss Verordnung über den Abzug der Kosten von Liegenschaften des Privatvermögens bei der direkten Bundessteuer nicht mehr geltend gemacht werden können; einzig die effektiv angefallenen Kosten können geltend gemacht werden.

Gemäss Praxis der Steuerverwaltung des Kantons Bern gilt dasselbe im Falle der Geschäftsmiete. Es wird davon ausgegangen, dass der Mieter regelmässig Unterhaltskosten trägt. Der Pauschalabzug ist deshalb für Liegenschaften des Geschäftsvermögens sowie auf Liegenschaften des Privatvermögens mit vorwiegend geschäftlicher oder gewerblicher Nutzung nicht zulässig. Bei solchen Grundstücken ist nur der Abzug der tatsächlichen Kosten möglich (BVR 2001, 296).

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Fassung vom 14.06.2011

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