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Zeitliche Bemessung (Art. 10 ESchG)

Erläuterung zu Artikel 10 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes (Art. 10 EschG):

I. Zeitpunkt des Vermögenserwerbs

Der Zeitpunkt des Vermögenserwerbs (Stichtag) ist nicht nur für die Bewertung des Steuergegenstands massgebend, sondern auch für die Berücksichtigung früherer Zuwendungen, für das anzuwendende Verwandtschaftsverhältnis, für die Frage der Verjährung sowie für die Frage, welches Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz anzuwenden ist.

1. Erbschaft

Als massgeblicher Zeitpunkt gilt einzig der Todestag des Erblassers. Die Erben sind ab diesem Zeitpunkt im Umfang ihrer Quote bereichert. Weder die Verfügungsbefugnis der Erben noch der Zeitpunkt der Erbteilung spielen dabei eine Rolle. Auch der Grundbucheintrag beim Erwerb von Grundbesitz ist nicht massgebend, da die Erben aufgrund der Universalsukzession aussergrundbuchlich Eigentum am Grundbesitz erwerben. Der Eintrag ins Grundbuch hat in diesem Fall lediglich deklaratorische Wirkung und stellt nicht mehr als eine Grundbuchberichtigung dar.

3. Vermächtnis

Auch beim Vermächtnis erfolgt der Vermögenserwerb per Todestag des Erblassers. Durch seinen Tod erwerben die Vermächtnisnehmer eine obligatorische Forderung gegenüber den Erben auf Herausgabe des Vermächtnisses und sind demnach bereits in diesem Zeitpunkt bereichert.

3. Schenkung

Als massgeblicher Zeitpunkt gilt der Eintritt der wirtschaftlichen Bereicherung und damit der Vollzug oder die Fälligkeit der Schenkung. Bei Grundstücken und Rechten daran ist der Eintrag ins Tagebuch beim Grundbuchamt massgebend. Besteht die Zuwendung in einer periodischen Leistung so gilt als Vollzug die Einräumung des Rentenstammrechts und nicht die Ausrichtung der einzelnen Leistungen (MBVR 27/1929 Nr. 28 S. 90ff.).

4. Vorempfänge (Erbvorbezüge, Abtretungen auf Rechnung künftiger Erbschaft)

Vorempfänge sind ausgleichungspflichtige Schenkungen und gelten daher beim Vollzug des Vertrages als erworben. Bei Grundstücken ist der Eintrag ins Tagebuch beim Grundbuchamt massgebend. Sind die Vorempfänge im Erbgang auszugleichen oder zurückzuerstatten, wird die bezahlte Schenkungssteuer an die Erbschaftssteuer angerechnet bzw. zurückerstattet Art. 32 ESchG. Auf Vorempfänge, die vor dem 1. Januar 1989 ausgerichtet worden sind, findet dasjenige Recht Anwendung, das im Zeitpunkt der Ausrichtung Geltung hatte (Art. 34 ESchG i.V.m. Anhang des Gesetzes über die Erbschafts- und Schenkungssteuer vom 6. April 1919 (altESchG).

II. Bedingter Vermögenserwerb

1. Suspensiv bedingter Vermögenserwerb

Bei einer Vermögenszuwendungen unter aufschiebender Bedingung (zukünftiges und ungewisses Ereignis) entsteht der Steueranspruch, sobald die Bedingung eingetreten und der Steuerpflichtige wirtschaftlich bereichert ist (Muster, Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht, das bernische Gesetz über die Erbschafts- und Schenkungssteuer, Muri b. Bern, 1990, S. 260). Massgeblich ist hier also nicht der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, sondern der Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung. Dies hat zur Folge, dass eine durch Erbschaft übertragene suspensiv bedingte Vermögenszuwendung nicht Gegenstand der Erbschaftssteuer sondern der Schenkungssteuer ist (vgl. Monteil, Das Objekt der Erbschafts- und Schenkungssteuern in der Schweiz, Abhandlung zum schweizerischen Recht Neue Folge Heft 265, Dissertation, Bern 1949, S. 124). Im Gegenzug dazu handelt es sich bei einer suspensiv bedingten Schenkung, welche beim Tod des Schenkers vollziehbar ist, um eine Schenkung auf den Todesfall und ist damit Gegenstand der Erbschaftssteuer (NStP 24/1970 S. 62 ff.).

2. Resolutiv bedingter Vermögenserwerb (Schenkung mit Rückfall nach Art. 247 OR)

Ist eine Vermögenszuwendung unter einer auflösenden Bedingung (Schenkung mit Rückfall bei Vorabsterben des Beschenkten) erfolgt, so ist der Empfänger vorerst wie ein Nutzniesser zu besteuern (Kapitalisierung nach der statistisch erwarteten Lebensdauer; vgl. Art. 12 ESchG), denn er kann den Schenkungsgegenstand nutzen und von ihm profitieren. Erst wenn die auflösende Bedingung definitiv weggefallen ist bzw. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht eintreten wird, wird auf der Differenz zwischen dem Wert der Schenkung und dem Kapitalwert der Nutzniessung die Schenkungssteuer erhoben. Ein entsprechender Vorbehalt wird in der Veranlagungsverfügung angebracht.

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Fassung vom 06.11.2013

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