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Abschreibungen bei Abweichung von Handels- und Steuerbilanz

1 Grundsatz

Gemäss dem Massgeblichkeitsprinzip gilt die Handelsbilanz als Grundlage für die steuerliche Gewinnermittlung. Das Steuerrecht sieht jedoch für die Bewertung der Aktiven und Passiven zum Teil abweichende Normen vor. Dies kann zu unterschiedlichen Werten in der Steuer- und Handelsbilanz führen. Es stellt sich die Frage, wie in solchen Fällen die künftigen Abschreibungen zu berechnen sind .

1.1  Personenunternehmen

Korrekturen gegenüber der Handelsbilanz, beispielsweise wegen übersetzter Abschreibungen, können von der steuerpflichtigen Person nachgebucht werden. Handels- und Steuerbilanz sind damit wieder identisch. Unterbleibt die Anpassung, werden die steuerlich massgebenden Buchwerte von Amtes wegen festgehalten und nachgeführt.

1.2  Kapitalgesellschaften und Genossenschaften

Jahresrechnung und Gewinnverwendung unterliegen dem Beschluss der Generalversammlung. Nachträgliche Änderungen der handelsrechtlichen Bilanz sind grundsätzlich nicht mehr möglich. Korrekturen der Steuerbehörde müssen deshalb in einer separaten Aufstellung oder Steuerbilanz festgehalten werden. In der Praxis erfolgt dies im Einlageblatt 10 (E10) zur Steuererklärung. Die Gesellschaft weist darin die Buch- und Steuerwerte des Anlagevermögens sowie die vorgenommenen und zulässigen Abschreibungen aus. Daraus resultiert die Korrektur des steuerbaren Reingewinnes und Eigenkapitals gegenüber der Jahresrechnung. Beim Eigenkapital stellen die Abweichungen zwischen Handels- und Steuerbilanz versteuerte stille Reserven oder Minusreserven dar. 

2 Berechnung steuerlich massgebende Abschreibungen

Die Abschreibungsverordnung (661.312.59, AbV) regelt die steuerlich zulässigen Abschreibungen. Wenn Handels- und Steuerbilanz abweichen, lassen sich folgende Fälle unterscheiden.

Die nachfolgenden Ausführungen gelten auch für Abschreibungen, welche im Zusammenhang mit der Aufdeckung von stillen Reserven nach Art. 88a StG vorgenommen werden.

2.1  Abschreibungssatz in Handelsbilanz übersteigt Satz nach AbV nicht

In diesem Fall sind die steuerlichen Abschreibungen nach dem Massgeblichkeitsprinzip mindestens zum Satz der Handelsbilanz zu berücksichtigen. Als Basis für die Berechnung gilt der steuerlich massgebende Buchwert. Ein höherer Satz ist zulässig, solange er innerhalb der Ansätze gemäss AbV liegt. Dabei darf der steuerliche Buchwert den Buchwert gemäss Handelsbilanz nicht unterschreiten.

2.2  Abschreibungssatz in Handelsbilanz übersteigt Satz nach AbV

Die steuerlichen Abschreibungen sind auf den Satz nach AbV zu reduzieren. Die Berechnung erfolgt auf dem steuerlich massgebenden Buchwert.

2.3  Abschreibungssatz in Handelsbilanz Null

Sind versteuerte stille Reserven auf dem Anlagevermögen vorhanden und werden handelsrechtlich keine Abschreibungen vorgenommen, sind die aufgedeckten stillen Reserven im Umfang des Wertverzehrs abzuschreiben. Praxisgemäss wird der hälftige steuerliche Maximalsatz angewendet. Der steuerliche Buchwert darf nie über dem Verkehrswert liegen (Einhaltung des Niederstwertprinzips auch in der Steuerbilanz).

2.4  Steuerwert übersteigt Verkehrswert

Übersteigt der steuerliche Buchwert den handelsrechtlich zulässigen Höchstwert, muss von Amtes wegen auf den Verkehrswert abgeschrieben werden.

3 Beispiel

Eine Gewerbeliegenschaft weist im Jahr 1 in der Handels- und Steuerbilanz einen Buchwert von CHF 1'000 aus. In der Folge werden in der Handelsbilanz die nachstehend dargestellten Abschreibungen getätigt. Der steuerliche Höchstsatz beträgt 10%. Infolge widriger Umstände beträgt der Verkehrswert im Jahr 6 nur noch CHF 500. Es wurden keine Investitionen getätigt.

Wie bemessen sich die steuerlichen Abschreibungen?

Jahr

 Text

Handelsbilanz 

Steuerbilanz 

Korrektur
Reingewinn

Versteuerte
stille Reserve (+)/
Minusreserve (-)

 

 

%

CHF

%

CHF

CHF

CHF

1

Buchwert
Abschreibung

20

1'000
-200

10

1'000
-100


100


100

2

Buchwert
Abschreibung

10

800
-80

10

900
-90


-10


90

3

Buchwert
Abschreibung

5

720
-36

5

810
-41


-5


85

4

Buchwert
Abschreibung

0

684
0

5

769
-38


-38


47

5

Buchwert
Abschreibung

4

684
-27

10

731
-73


-46


1

6

Buchwert
Abschreibung
Wertkorrektur

10

657
-66
0

10

658
-66
-92


0
-92



-91

7

Buchwert

 

591

 

500

 

Jahr 1
Korrektur der Abschreibung auf den steuerlichen Maximalsatz. Im Eigenkapital kommt es zur Bildung einer versteuerten stillen Reserve.
Jahr 2
Der Abschreibungssatz in der Handelsbilanz entspricht dem steuerlichen Maximalsatz. Die Berechnung erfolgt jedoch auf unterschiedlichen Buchwerten. Die steuerliche Abschreibung fällt deshalb höher aus. Entsprechend vermindert sich die versteuerte stille Reserve.
Jahr 3
Der Abschreibungssatz in der Handelsbilanz ist tiefer als der steuerliche Maximalsatz. Steuerlich muss mindestens der handelsrechtliche Ansatz angewandt werden
Jahr 4
Sind versteuerte stille Reserven auf dem Anlagevermögen vorhanden und werden handelsrechtlich keine Abschreibungen vorgenommen, sind die aufgedeckten stillen Reserven im Umfang des Wertverzehrs abzuschreiben. Praxisgemäss wird der hälftige steuerliche Maximalsatz angewendet. Der steuerliche Buchwert darf nie über dem Verkehrswert liegen (Einhaltung des Niederstwertprinzips auch in der Steuerbilanz).
Jahr 5
Der Abschreibungssatz in der Handelsbilanz ist tiefer als der steuerliche Maximalsatz. Macht die steuerpflichtige Person einen höheren Abschreibungssatz geltend, so ist dieser bis zum steuerlichen Maximalsatz zulässig.
Jahr 6
Der Verkehrswert des Aktivums fällt im Jahr 6 auf 500. Sowohl die Handels- als auch die Steuerbilanz weisen für dieses Objekt eine Überbewertung auf. Steuerlich ist von Amtes wegen eine Abschreibung auf den Verkehrswert vorzunehmen. Die Überbewertung in der Handelsbilanz erscheint im steuerlichen Eigenkapital nun als Minusreserve.

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Fassung vom 02.11.2023

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