1 Gesetzliche Grundlage
Abschreibungen von Aktiven sind zulässig, soweit sie geschäftsmässig begründet und buchmässig oder, bei vereinfachter Buchführung nach Artikel 957 Absatz 2 OR, in besonderen Abschreibungstabellen ausgewiesen sind (Art. 33 Abs. 1 bzw. Art. 91 Abs. 1 StG / Art. 28 Abs. 1 bzw. Art. 62 Abs. 1 DBG). Dasselbe gilt auch bei der Nachholung von Abschreibungen.
Nach Art. 14 der Abschreibungsverordnung (AbV) ist bei natürlichen und juristischen Personen die Nachholung von Abschreibungen für die fünf der Steuerperiode vorangegangenen Jahre zulässig. Dies sofern wegen schlechten Geschäftsganges nicht oder nur ungenügend abgeschrieben werden konnte.
Mit Ausnahme von Abschreibungen auf aufgewerteten Aktiven (Art. 28 Abs. 3 bzw. Art. 62 Abs. 3 DBG) geltend die nachfolgenden Ausführungen auch für die Direkte Bundessteuer (vgl. MB A/1995, Ziffer 3).
2 Voraussetzungen
2.1 In der Steuerperiode mit einer Nachholabschreibung
Handelsrechtlich zwingend notwendige Abschreibungen infolge Überbewertung von Aktiven am Bilanzstichtag stellen aufgrund des Massgeblichkeitsprinzips und unabhängig vom steuerbaren Jahreserfolg geschäftsmässig begründeten Aufwand dar. Der Nachweis der handelsrechtlichen Notwendigkeit der Abschreibung bzw. des am Bilanzstichtag tieferen Verkehrswerts des Aktivums obliegt der steuerpflichtigen Person.
Bevor Abschreibungen aus früheren Perioden nachgeholt werden können, müssen der Erfolgsrechnung zuerst die steuerlich gemäss AbV maximal zulässigen ordentlichen Abschreibungen der laufenden Steuerperiode belastet werden.
Aus der Nachholung von Abschreibungen dürfen keine ungerechtfertigten Steuervorteile wie bspw. eine ungerechtfertigte Ausdehnung der steuerlich zulässigen Verlustverrechnungsperiode (Art. 35 Abs. 1 bzw. Art. 93 Abs. 1 StG / Art. 31 Abs. 1 bzw. Art. 67 Abs. 1 DBG) resultieren. Deshalb sind Nachholabschreibungen steuerlich nicht zulässig, soweit diese im Jahr der Nachholung zu einem steuerlichen Verlust oder zu einer Erhöhung eines bereits bestehenden steuerlichen Verlustes führen. Als steuerlicher Verlust gilt das Jahresergebnis nach Berücksichtigung der verrechenbaren Vorjahresverluste.
2.2 Schlechter Geschäftsgang in den vorangegangenen Jahren
2.2.1 Allgemein
Schlechter Geschäftsgang in den vorangegangenen Jahren ist anzunehmen, wenn das erwirtschaftete Unternehmensergebnis einschliesslich der steuerlichen Korrekturen nicht ausgereicht hat, um die zulässigen Abschreibungen gemäss ABV zu tätigen und die Vornahme dieser Abschreibungen deshalb zu einem steuerlichen Verlust oder zu einer Erhöhung eines bereits bestehenden steuerlichen Verlustes geführt hätten.
Massgebend für die Beurteilung ist der steuerbare Jahreserfolg vor Verlustverrechnung. Dabei werden ausserordentliche Erfolge grundsätzlich nicht ausgeklammert. Schlechter Geschäftsgang wird im Einzelfall angenommen, wenn der Gewinn ganz oder in erheblichem Umfang durch die buchmässige Auflösung stiller Reserven zustande gekommen ist (z.B. privilegierte Warenreserve).
Eine gedrückte oder unter den Erwartungen liegende Ertragslage begründet für sich allein noch keinen schlechten Geschäftsgang. Auch ungünstige Betriebskennzahlen oder ein unter der branchenüblichen Norm liegender Bruttogewinn sind noch keine hinreichenden Voraussetzungen. Erst wenn sich die negativen Faktoren in einem unzureichenden oder negativen Gesamtergebnis niederschlagen, liegt schlechter Geschäftsgang im Sinne von Art. 14 AbV vor.
Wurde in den fraglichen Vorjahresperioden wegen fehlender oder nicht ordnungsgemässer Bücher bzw. Aufzeichnungen der Jahreserfolg nach Ermessen veranlagt, so sind die betriebswirtschaftlich notwendigen Abschreibungen als in den Ermessenstaxation enthalten zu erachten. Nachholabschreibungen für diese Steuerperioden sind deshalb nicht zulässig.
2.2.2 Besonderheiten bei Personenunternehmen
Für die Beurteilung der Frage, ob ein schlechter Geschäftsgang vorlag, wird bei den natürlichen Personen das Privateinkommen nicht mit einbezogen. Abschreibungen dürfen später nicht zu Lasten des Privateinkommens nachgeholt werden (Art. 14 Abs. 2 AbV).
Bei Personenunternehmen wird ein schlechter Geschäftsgang auch dann angenommen, wenn die zulässigen Abschreibungen gemäss AbV zwar nicht zu einem steuerlichen Verlust führen, aber zu einem steuerbaren Gewinn, der den Zwangsbedarf für die Lebenshaltungskosten der teil- oder inhabenden Person(en) nicht mehr deckt. Als Zwangsbedarf gilt generell ein Betrag von CHF 50'000 (Beispiel 4.1). Mit der Berücksichtigung eines «Salärs» im Umfang der für die Lebenshaltung notwendigen Privatbezüge werden die Personenunternehmen bis zu einem gewissen Grade gleich behandelt wie die Kapitalgesellschaften und Genossenschaften.
2.3 Buchmässiger Nachweis
Die steuerpflichtige Person muss sich gemäss dem Massgeblichkeitsprinzip auf der eingereichten Jahresrechnung grundsätzlich behaften lassen. Die nachgeholten Abschreibungen müssen verbucht bzw. in den fortlaufenden Abschreibungstabellen nachgewiesen werden (Art. 2 Abs. 3 AbV).
Gemäss Art. 14 Abs. 3 AbV ist die Nachholung durch Staffelinventare darzustellen und nur bei ordnungsgemässer Buchführung oder ordnungsgemässen Aufzeichnungen zulässig.
3 Berechnung
Können Abschreibungen aus mehreren Perioden nachgeholt werden, so kommen zuerst die ältesten Jahre zur Anrechnung.
Der Nachholbedarf ist auf der Basis der Abschreibungssätze zu bestimmen, die gemäss AbV im betreffenden Jahr zulässig waren. Die nachzuholenden Abschreibungen sind grundsätzlich um den steuerbaren Gewinn des Geschäftsjahres zu kürzen, in dem die Abschreibung unterlassen wurde. Eine Kürzung unterbleibt für steuerbare Gewinne aus der buchmässigen Auflösung stiller Reserven sowie bei Personenunternehmen für steuerbare Gewinne im Umfang des Zwangsbedarfs für die Lebenshaltungskosten (Beispiel 4.1).
4 Beispiele
4.1 Einzelunternehmen
4.2 Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft
Fassung vom Oct 3, 2025