1 Allgemeines
Bei der Übertragung von Grundstücken können zwischen dem Veräusserer und dem Käufer eines Grundstücks sog. Gewinnanteilsrechte vereinbart werden. Die Gewinnanteilsrechte bezwecken, den ursprünglichen Veräusserer des Grundstücks an einem späteren Gewinn bei der Weiterveräusserung des Grundstücks oder bei einer Wertsteigerung durch Zonenänderung teilhaben zu lassen.
Im nachfolgenden Beitrag geht es um diese vertraglichen Gewinnanteilsrechte. Daneben gibt es gesetzliche Gewinnanteilsrechte, welche in einem separaten Beitrag behandelt werden: Gesetzliche Gewinnanteilsrechte nach Bäuerlichem Bodenrecht
2 Besteuerung von Gewinnanteilsrechten
2.1 Grundsatz
Der Gewinnanteil ist grundsätzlich steuerbares Einkommen resp. steuerbarer Ertrag (Art. 19, 21 und 85 StG).
Die Person, die den Gewinnanteil schuldet, kann die Zahlung des Gewinnanteils weder bei der Einkommenssteuer noch bei der Grundstückgewinnsteuer zum Abzug bringen. Schuldet ein Unternehmen einen Gewinnanteil, kann der geschuldete Gewinnanteil als geschäftsmässig begründeter Aufwand steuerlich in Abzug gebracht werden.
2.2 Ausnahmen bei drohender Doppelbesteuerung
Die Besteuerung des Gewinnanteils kann zu einer unzulässigen Doppelbesteuerung führen1, sofern
die Person, die den Gewinnanteil schuldet, für die betreffende Liegenschaft der Grundstückgewinnsteuer oder Gewinnsteuer unterliegt und
den Gewinnanteil, den sie schuldet, steuerlich nicht als geschäftsmässig begründeten Aufwand geltend machen kann.
1 Gemäss Bundesgericht liegt eine Doppelbesteuerung auch vor, wenn zwar keine Subjektidentität besteht, die Steuerpflichtigen jedoch mit Bezug auf einen bestimmten Sachverhalt rechtlich und wirtschaftlich in besonderem Masse verbunden sind (vgl. BGer 2P.252/1998 vom 16. März 2000, E. 3).
In diesen Fällen wird auf eine Besteuerung des Gewinnanteils beim Verkäufer mit Gewinnanteilsrecht ausnahmsweise verzichtet. Der Gewinnanteil bleibt in diesen Fällen steuerfrei2.
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| Empfänger des Gewinnanteils |
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| Liegenschaft im | Privatvermögen | Geschäftsvermögen3 |
Schuldner des Gewinnanteils | Privatvermögen4 | Steuerfrei* | Steuerbar |
Geschäftsvermögen5 | Steuerbar | Steuerbar | |
Gemeinde, Kanton, Bund | Steuerbar | Steuerbar |
* Gilt auch, wenn beim Schuldner des Gewinnanteils ein Aufschub der Grundstückgewinnsteuer zur Anwendung gelangt.
2 In der Regel wird der Weiterverkäufer der Liegenschaft ohnehin nur den Nettogewinnanteil (Gewinn nach Abzug der anteilsmässigen Grundstückgewinnsteuer) an den Gewinnanteilsberechtigten weiterleiten. Entsprechend trägt Empfänger des Gewinnanteils so indirekt den auf ihn entfallenden Anteil der Grundstückgewinnsteuer.
3 Handels- und steuerrechtlich sind sämtliche Erträge eines Unternehmens gewinnwirksam zu verbuchen. Eine Doppelbesteuerung kann hier nicht vermieden werden.
4 Privatperson kann geschuldeten Gewinnanteil bei der Bemessung der Grundstückgewinnsteuer nicht in Abzug bringen.
5 Im Geschäftsvermögen kann der geschuldete Gewinnanteil bei der Bemessung des Unternehmensgewinnes in Abzug gebracht werden.
3 Sonderfälle
3.1 Abgrenzung zur Kaufpreisnachzahlung
Das vertragliche Gewinnanteilrecht ist von der Kaufpreisnachzahlung abzugrenzen, die bei der Grundstückgewinnsteuer als Erlös berücksichtigt wird.
Damit von einer Kaufpreisnachzahlung auszugehen ist, müssen die nachfolgenden Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein (Praxiskommentar zum Berner Steuergesetz, Art. 178 RZ 14):
Die Nachzahlung kommt dem ursprünglichen Eigentümer zu
Der Nachzahlungsbetrag ist klar festgelegt
Die Nachzahlung wird durch den Weiterverkauf ausgelöst, ungeachtet, ob sich daraus ein Gewinn oder Verlust ergibt
Der die Nachzahlung auslösende Weiterverkauf erfolgt resp. ist geplant innert kurzer zeitlicher Abfolge (i.d. Regel innert Jahresfrist).
Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, handelt es sich nicht um eine Kaufpreisnachzahlung, welche im Rahmen der Revision nach Art. 202 StG bei der Grundstückgewinnsteuer berücksichtigt werden kann, sondern um ein vertragliches Gewinnanteilsrecht.
3.2 Partiarisches Darlehen
Im Zusammenhang mit dem Liegenschaftsverkauf kann auch ein partiarisches Darlehen vereinbart werden. Beim partiarischen Darlehen wird der Darlehensgeber neben oder anstelle eines Zinses (Art. 314 OR) anteilsmässig an dem vom Darlehensnehmer erwirtschafteten Gewinn beteiligt. Diese Beteiligung unterscheidet sich von einem Zins insofern, als sie gewinnabhängig ist und anhand des Gewinns berechnet wird. Zinsen hingegen sind unabhängig von einem Gewinn immer geschuldet und werden nach der Höhe des Darlehens berechnet. Beim partiarischen Darlehen kann der Darlehensnehmer, welcher den partiarischen, vom Gewinn abhängigen Zins bezahlt, diesen steuerlich als Schuldzins resp. Zinsaufwand zum Abzug bringen. Der Darlehensgeber versteuert den vom Gewinn abhängigen Zins als Vermögensertrag.
3.3 Stille Gesellschaft
Für die stille Gesellschaft gelten die Regeln zu den Gewinnanteilsrechten (siehe oben).
Beispiele für vertragliche Gewinnanteilsrechte
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Fassung vom 08.02.2024