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Organhaftung

1 Einleitung

Eine juristische Person handelt durch ihre Organe, d. h. durch andere natürliche oder juristische Personen. Wer Organ einer juristischen Person ist, bestimmt sich nach Gesetz und Statuten (z. B. die Verwaltungsräte einer Aktiengesellschaft gemäss Art. 707ff OR). Darüber hinaus werden durch die Rechtsprechung sog. "faktische Organe" anerkannt. Als solche gelten Personen, die normalerweise den gesetzlichen und statutarischen Organen vorbehaltene Entscheide treffen und so die Willensbildung der Gesellschaft massgebend beeinflussen (z.B. ein Hauptaktionär, der sich in die Geschäftsführung einmischt, BGE 114 V 213). Das Handeln eines Organs einer juristischen Person gilt als Handeln der juristischen Person selbst und kann normalerweise nur diese verpflichten.

Ausnahmsweise kann jedoch eine in Organstellung handelnde natürliche (oder juristische) Person für verursachten Schaden persönlich verantwortlich gemacht werden. In diesen Fällen liegt eine sog. Organhaftung vor. Hierfür wird regelmässig aber nicht zwingend vorausgesetzt, dass die Person schuldhaft eine Pflichtverletzung begangen hat. Dieser Grundsatz ist in Art. 55 Abs. 3 ZGB enthalten und wird in weiteren Regelungen konkretisiert (z.B. in Art. 754 OR betreffend Haftung für Verwaltung, Geschäftsführung und Liquidation bei einer AG oder in Art. 52 AHVG betreffend Haftung bei Missachtung von AHV-rechtlichen Vorschriften.) Sind für einen Schaden mehrere Personen ersatzpflichtig (beispielsweise mehrere Verwaltungsratsmitglieder), besteht regelmässig eine eingeschränkte Solidarhaftung dieser Personen mit Rückgriffsrecht auf die anderen haftenden Personen.

Aus steuerlicher Sicht stellen sich in Organhaftungsfällen folgende Fragen:

  1. Kann eine Person, die aufgrund ihrer Organstellung persönlich haftbar ist, den entsprechenden Betrag steuerlich zum Abzug bringen?
  2. Kann eine juristische Person, deren Organ sich haftbar gemacht hat, den entsprechenden Betrag steuerlich zum Abzug bringen?

2 Abziehbarkeit bei Personen die aufgrund ihrer Organstellung persönlich haftbar sind

Die Frage der Abzugsberechtigung stellt sich für die persönlich haftbar gemachte Person nur, falls keine Drittperson für den Schaden aufkommen muss. Die Praxis kennt drei Erscheinungsformen der Schadensübernahme durch Dritte: Die Schadloshaltung durch die Gesellschaft selbst, durch den Allein- bzw. Mehrheitsaktionär oder durch Abschluss eines Versicherungsvertrages, welcher die Risiken der Organhaftung abdeckt. Wird eine Person für ihr Handeln als Organ einer juristischen Person persönlich haftbar gemacht und kommt keine Drittperson für den Schaden auf, kann sie den entsprechenden Betrag steuerlich zum Abzug bringen, falls hierfür eine rechtliche Grundlage existiert.

In Bezug auf eine solche Grundlage ist zu differenzieren, ob die Tätigkeit als Organ in der Form einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit, als selbstständige Erwerbstätigkeit oder in der Form einer juristischen Person ausgeübt wird. Trifft die Organhaftung eine Person, welche ihre Organstellung in der Form einer unselbstständige Erwerbstätigkeit ausübt (z.B. als Verwaltungsrat), kann sie die entsprechenden Kosten als Berufskosten gemäss Art. 31 StG bzw. Art. 26 DBG geltend machen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts setzt die steuerliche Abziehbarkeit aber voraus, dass ein Risiko eingetreten ist, welches derart eng mit der konkreten unselbständigen Erwerbstätigkeit verbunden ist, dass es bei deren Ausübung üblicherweise in Kauf genommen werden muss bzw. die Vermeidung des Risikoeintritts für die unselbstständig erwerbende Person geradezu unzumutbar ist (BGE 2C_566/2008). Eine Würdigung aller konkreten Umstände des Einzelfalles ist dabei unumgänglich (BGE 2C_465/2011). Die Verschuldensfrage ist dabei nur ein - allerdings gewichtiges - Indiz: Grobfahrlässiges oder gar vorsätzliches Herbeiführen des Risikoeintritts schliesst die Abziehbarkeit der Kosten als Berufskosten regelmässig aus.

Trifft die Organhaftung eine Person, welche ihre Organstellung in der Form einer selbstständigen Erwerbstätigkeit oder einer juristischen Person ausübt (z.B. als Revisionsstelle), so kann sie die entsprechenden Kosten als geschäftsmässig begründeten Aufwand gemäss Art. 32 und 85/90 StG bzw. Art. 27 und 58/59 DBG geltend machen. Voraussetzung für die Abziehbarkeit ist, dass der Risikoeintritt im Zusammenhang mit der Unternehmenstätigkeit steht bzw. die entsprechenden Kosten aus geschäftlichen Gründen beglichen werden müssen. Eine absichtliche Schadensverursachung schliesst die geschäftsmässige Begründetheit der entstandenen Kosten aus.

3 Abziehbarkeit bei juristischen Personen deren Organ sich haftbar gemacht hat

Juristische Personen sind eigenständige Steuersubjekte. Auf Seiten der juristischen Person, deren Organ sich persönlich haftbar gemacht hat, sind die entsprechenden Kosten steuerlich daher nur abzugsfähig, sofern die juristische Person diese im Ergebnis auch tatsächlich selbst getragen hat. Zudem müssen die Kosten aus ihrer Sicht geschäftsmässig begründet sein. In einem Organhaftungsfall ist das nur dann der Fall, wenn die Person mit Organstellung die juristische Person erfolgreich in Regress genommen hat. Falls die Kostenübernahme durch die juristische Person hingegen nicht auf einer solchen Rechtspflicht beruht, wird zudem eine geldwerte Leistung an die Person mit Organstellung geprüft.

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Fassung vom 15.03.2013

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