1 Grundsatz
Das steuerbare Eigenkapital der Kapitalgesellschaften und Genossenschaften besteht aus dem einbezahlten Grundkapital (Aktienkapital, Partizipationsscheinkapital, Stammkapital), den offenen und den als Gewinn versteuerten stillen Reserven (Art. 102 Abs. 2 StG). Das steuerbare Eigenkapital bemisst sich nach dem Stand am Ende der Steuerperiode nach der Gewinnverwendung (Stichtagsprinzip; Art. 109 Abs. 1 StG). Steuerbar ist mindestens das am Ende der Steuerperiode einbezahlte Grundkapital.
Aktiengesellschaft | Beispiel 1 | Beispiel 2 |
Aktienkapital | 100’000 | 100’000 |
offene Reserven | 20’000 | 50’000 |
Gewinn-/Verlustvortrag (nach Gewinnverwendung) | 10’000 | -70’000 |
versteuerte stille Reserven | 5’000 | 0 |
Steuerbares Eigenkapital | 135’000 | 100’000 |
Die Gewinnsteuer von Kanton, Gemeinde und Kirche wird an die Kapitalsteuer angerechnet (Art. 106 Abs. 4 StG). In den Fällen, wo eine Gewinnsteuer geschuldet ist, verringert sich die Kapitalsteuer im gleichen Umfang. Wenn die Gewinnsteuer die Kapitalsteuer übersteigt, ist keine Kapitalsteuer zu entrichten.
2 Kapitalsteuer bei über- oder unterjährigen Geschäftsabschlüssen
Bei über- oder unterjährigen Geschäftsabschlüssen bestimmt sich die Höhe der Kapitalsteuer nach der Dauer des Geschäftsjahres (Art. 109 Abs. 2 StG). Dabei wird die Steuer pro rata temporis erhoben, es erfolgt keine Anpassung der Bemessungsgrundlage.
Kapitalsteuer bei über-/unterjährigem Geschäftsabschluss | Beispiel |
Aktienkapital | 300’000 |
offene Reserven | 60’000 |
Gewinn-/Verlustvortrag (nach Gewinnverwendung) | 30’000 |
versteuerte stille Reserven | 150’000 |
Steuerbares Eigenkapital | 540’000 |
einfache Steuer* (Art. 106 Abs. 1 StG) | CHF 27.00 |
einfache Steuer* bei Geschäftsjahr mit 15 Monaten | CHF 33.75 |
einfache Steuer* bei Geschäftsjahr mit 9 Monaten | CHF 20.25 |
*Die einfache Steuer ist mit den Steueranlagen (Kanton, Gemeinde und Kirche) zu multiplizieren, um den effektiv geschuldeten Steuerbetrag zu erhalten. |
3 Steuerbares Kapital bei verdecktem Eigenkapital
Das steuerbare Eigenkapital von Kapitalgesellschaften und Genossenschaften wird um den Teil des Fremdkapitals erhöht, dem wirtschaftlich die Bedeutung von Eigenkapital zukommt (Art. 103 StG). Das verdeckte Eigenkapital ist den Reserven zuzurechnen und kann mit bestehenden Verlustvorträgen verrechnet werden.
Aktiengesellschaft mit verdecktem Eigenkapital | Beispiel 1 | Beispiel 2 |
Aktienkapital | 100’000 | 100’000 |
offene Reserven | 55’000 | 55’000 |
Gewinn-/Verlustvortrag (nach Gewinnverwendung) | 10’000 | -70’000 |
verdecktes Eigenkapital | 110’000 | 110’000 |
Steuerbares Eigenkapital | 275’000 | 195’000 |
4 Behandlung von eigenen Kapitalanteilen
Eigene Kapitalanteile wie z.B. eigene Aktien einer Aktiengesellschaft sind als Minusposten im Eigenkapital auszuweisen (Art. 959a Abs. 2 Ziff. 3 Bst. e OR). Der Minusposten «eigene Kapitalanteile» reduziert das handelsrechtliche und damit auch das steuerbare Eigenkapital (BGer 2C 119/2018 vom 14. November 2019, E. 4).
Aktiengesellschaft mit eigenen Kapitalanteilen | Beispiel |
Aktienkapital | 100’000 |
offene Reserven | 20’000 |
Gewinn-/Verlustvortrag (nach Gewinnverwendung) | 50’000 |
Eigene Aktien | -5’000 |
Steuerbares Eigenkapital | 165’000 |
5 Steuerbares Kapital bei Vereinen, Stiftungen und übrigen juristischen Personen
Als steuerbares Eigenkapital der Vereine, Stiftungen und übrigen juristischen Personen gilt das Reinvermögen, wie es nach den Bestimmungen für das Geschäftsvermögen der natürlichen Personen berechnet wird (Art. 105 Abs. 1 StG i.V.m. Art. 51 StG).
Steuerbares Eigenkapital bei Vereinen | Beispiel |
Reinvermögen resp. Eigenkapital inkl. Gewinn- bzw. Verlustvortrag | 100’000 |
./.Buchwert Liegenschaft | -500’000 |
+ amtlicher Wert Liegenschaft | 700’000 |
Steuerbares Eigenkapital | 300’000 |
Steuerbares Eigenkapital bei Stiftungen | Beispiel |
Stiftungskapital | 100’000 |
offene Reserven | 20’000 |
Gewinn-/Verlustvortrag (nach Gewinnverwendung) | 50’000 |
./.Buchwert Liegenschaft | -500’000 |
+ amtlicher Wert Liegenschaft | 700’000 |
Steuerbares Eigenkapital | 370’000 |
6 Steuerbares Kapital bei Gesellschaften in Liquidation
Ist das Reinvermögen von Kapitalgesellschaften und Genossenschaften in Liquidation kleiner als das steuerbare Eigenkapital (vgl. Ziffer 1), wird die Kapitalsteuer auf dem Reinvermögen erhoben. Das Reinvermögen von Gesellschaften in Liquidation wird nach den Bestimmungen über das Geschäftsvermögen der natürlichen Personen bemessen (Art. 104 StG i.V.m. Art. 51 StG).
Aktiengesellschaft in Liquidation | Beispiel 1 |
Aktienkapital | 100’000 |
offene Reserven | 50’000 |
Gewinn-/Verlustvortrag (nach Gewinnverwendung) | -70’000 |
Steuerbares Eigenkapital | 80’000 |
7 Steuerbares Kapital bei Ermessenstaxation im Vorjahr
Wird nach einer Ermessenstaxation im Folgejahr wieder eine Steuererklärung eingereicht, ist das Eigenkapital der eingereichten Jahresrechnung (Jahr n) am Ende der Steuerperiode massgebend. Weist die Gesellschaft in der Bilanz einen Verlustvortrag aus, ist dieser beim Eigenkapital (nicht hingegen beim Gewinn) zu berücksichtigen (vgl. Ermessenstaxation - TaxInfo - Kanton Bern, Ziffer 4).
Aktiengesellschaft mit Ermessenstaxation | Ermessensveranlagung | ordentliche Veranlagung |
| Jahr n-1 | Jahr n |
Aktienkapital | 100’000 | 100’000 |
offene Reserven | unbekannt | 40’000 |
Verlustvortrag n-1 | unbekannt | -30’000 |
Gewinn Jahr n | unbekannt | 10’000 |
Steuerbares Kapital nach Ermessen | 150’000 |
|
Steuerbares Eigenkapital | 250’000 | 120’000 |
8 Nutzniessung
Bei Nutzniessung wird das steuerbare Eigenkapital um das Reinvermögen erhöht, wie es nach den Bestimmungen über das Geschäftsvermögen der natürlichen Personen berechnet wird (Art. 102 Abs. 3 StG i.V.m. Art. 51 StG).
Aktiengesellschaft mit Nutzniessung an einer Liegenschaft | Beispiel |
Aktienkapital | 100’000 |
offene Reserven | 20’000 |
Gewinn-/Verlustvortrag (nach Gewinnverwendung) | 50’000 |
./.Buchwert Nutzniessung | -500’000 |
+ amtlicher Wert Liegenschaft in Nutzniessung | 700’000 |
Steuerbares Eigenkapital | 370’000 |
Fassung vom Jul 17, 2025